08.10.2018 – zuletzt aktualisiert am: 09.12.2021

Kündigung wegen Eigenbedarf: Das sind die Rechte des Mieters

Mieter und Vermieter streiten immer häufiger wegen Eigenbedarfs vor Gericht. Laut dem Deutschen Mieterbund (DMB) sind die Zahlen der Gerichtsverfahren in den letzten zehn Jahren deutlich gestiegen. Eigenbedarfskündigung ist damit in Deutschland der häufigste Grund für eine Kündigung seitens des Vermieters. Grundsätzlich ist das zulässig, doch der Vermieter muss seinen Bedarf schlüssig nachweisen können. Was es dabei zu beachtet gibt und welche Rechte der Mieter hat, erklärt dieser Artikel.

Was ist Eigenbedarf?

Nach § 573 Absatz 1 Satz BGB kann ein Vermieter einem Mieter nicht willkürlich kündigen. Lediglich wenn ein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses vorliegt, ist eine Kündigung rechtlich in Ordnung. Laut Mietrecht liegt ein Eigenbedarf dann vor, wenn der Vermieter die vermietete Wohnung zu eigenen Wohnzwecken benötigt. Eine Kündigung wegen Eigenbedarfs kann auch eingereicht werden, wenn andere Personen seines Hausstands einen Bedarf haben, beispielsweise Familienangehörige oder eine Pflegekraft.

Kündigung wegen Eigenbedarfs: Das sagt das Mietrecht

Laut Mietrecht muss der Vermieter bestimmte Kriterien erfüllen, um eine Eigenbedarfskündigung rechtswirksam aussprechen zu können.

  • Eigenbedarf besteht, wenn er die Wohnung für sich selbst nutzen oder diese einem Hausstands- oder Familienangehörigen überlassen möchte.
  • Der Vermieter muss im Kündigungsschreiben mitteilen, für welche Person er die Wohnung benötigt und auf welche Gründe sich das Interesse dieser Person an der Wohnung stützt.
  • Die Kündigung muss schriftlich und nachweislich, beispielsweise per Einschreiben, zugestellt werden. Eine mündliche Kündigung wegen Eigenbedarfs ist nicht zulässig.

 

Gründe für Eigenbedarf: Wann ist eine Kündigung zulässig?

Der einfache Wunsch, eine Wohnung zu bewohnen, reicht nicht aus, um eine Eigenbedarfskündigung rechtlich zu begründen. Der Vermieter muss nach § 573 Absatz 3 BGB nachvollziehbare Gründe für eine Kündigung wegen Eigenbedarfs liefern. Es muss folglich ein ernsthafter Nutzungswille oder bei Überlassung an Angehörige ein ernsthafter Überlassungswille des Vermieters vorliegen.

Gründe für den Eigenbedarf könnten sein:

  • Es wird zukünftig mehr Wohnraum benötigt.
  • Das Mietobjekt wurde als Altersruhesitz vorgesehen.
  • Die Immobilie muss aus gesundheitlichen Gründen bezogen werden.
  • Die Wohnung ist nachweislich näher am Arbeitsplatz.
  • Die Raumaufteilung bietet Vorteile für die Lebensgestaltung des Vermieters.
  • Durch eine Trennung wird neuer Wohnraum benötigt.

 

Wann ist eine Kündigung wegen Eigenbedarfs unwirksam?

Einfach vor die Tür setzen kann einen der Vermieter nicht. Dafür muss die Kündigung wegen Eigenbedarfs schon rechtlich korrekt sein. Das ist nicht immer der Fall. Vor allem formale Fehler schleichen sich schnell ein und können zu einer unwirksamen Kündigung führen. Ist das der Fall, braucht der Mieter einer Eigenbedarfskündigung nicht einmal widersprechen.

Bei anderen Gründen für Eigenbedarf hat der Mieter eine Frist von zwei Monaten, in welcher der Kündigung schriftlich widersprochen werden kann. Als Mieter sollten außerdem folgende Voraussetzungen auf Rechtmäßigkeit überprüft werden:

  • Wurde die Kündigungsfrist eingehalten?
  • Unter gewissen Umständen gibt es nach § 577a BGB eine Kündigungssperrfrist. Diese besagt, dass nach dem Erwerb eines Mietobjekts in den ersten drei bis 10 Jahren kein Eigenbedarf angemeldet werden darf. Dies gilt beispielsweise auch für eine Eigenbedarfskündigung nach Eigentümerwechsel.
  • Auch bei unzumutbarer Härte kann einer Kündigung wegen Eigenbedarfs nach § 574 BGB widersprochen werden. Das trifft auf ältere, kranke oder schwangere Menschen zu. In diesem Fall kann mit einem Härtefallantrag die Fortsetzung des Mietverhältnisses beantragt werden und zwar so lange, wie es die Umstände notwendig machen.

 

Außerdem ist eine Kündigung unzulässig, wenn der Eigenbedarf schon vor Beginn des Mietverhältnisses bestanden hat und der Mieter nicht darüber informiert wurde. Auch eine vorauseilende Kündigung für Umstände, die eintreten könnten, ist unzulässig. Der Bedarf muss zum Zeitpunkt der Kündigung konkret bestehen.

Weitere Umstände, die zu einer unwirksamen Eigenbedarfskündigung führen:

  • vorgeschobener Eigenbedarf, der nur dazu dient, einen Mieter loszuwerden,
  • es gibt einen befristeten Mietvertrag,
  • im Haus ist eine vergleichbare Wohnung frei,
  • der Vermieter möchte die Wohnung nur für einzelne Übernachtungen oder für wenige Monaten nutzen,
  • oder der Wohnbedarf seitens des Vermieters ist stark überhöht (wenn er z. B. allein in einer Sechszimmerwohnung leben will).

 

Ist einer dieser Umstände zweifelsfrei nachgewiesen, ist die Kündigung wegen Eigenbedarfs unwirksam und das Mietverhältnis bleibt unverändert bestehen. Für den überhöhten Wohnbedarf oder die seltene Nutzung gibt es keine festen Grenzen, wann diese Gründe als berechtigter Eigenbedarf akzeptiert werden und wann nicht. Somit besteht in diesen Fällen die Möglichkeit, dass die Eigenbedarfskündigung rechtsmissbräuchlich und damit unwirksam ist. Gegebenenfalls wird nach richterlichem Ermessen anhand der Einzelfallumstände entschieden.

Gut zu wissen: Allerdings ist es möglich, für die Wohnung Eigenbedarf anzumelden, auch wenn dieser zeitlich begrenzt ist. Beispielsweise dann, wenn die Wohnung lediglich während eines Studiums benötigt wird.

Kündigungsfristen bei Eigenbedarfskündigung

Ist die Kündigung jedoch wirksam, gelten für den Mieter die in § 573c des BGB festgelegten gesetzlichen Fristen.

  • Wer seit höchstens fünf Jahren in der Wohnung lebt, muss innerhalb von drei Monaten ausziehen.
  • Dauert das Mietverhältnis fünf bis acht Jahre, hat der Mieter sechs Monate Zeit, eine neue Wohnung zu suchen.
  • Wohnt der Mieter schon über acht Jahre in der Wohnung, bekommt dieser eine Frist von neun Monaten.

 

Gut zu wissen: Falls der Mieter schneller aus der Wohnung ausziehen möchte, kann dieser trotz Eigenbedarfskündigung das Mietverhältnis kündigen. Dann gelten die im Mietvertrag festgelegten Kündigungsfristen.

Sonderkündigungsrecht Zweifamilienhaus: Ein Zweifamilienhaus, in dem der Vermieter die eine Wohneinheit selbst bewohnt und nun Bedarf für die andere anmeldet, ist ein Sonderfall: Denn wird Eigenbedarf angemeldet, kann das ohne explizite Begründung erfolgen. Im Gegenzug verlängern sich die Kündigungsfristen um jeweils drei Monate.

Mietrecht Eigenbedarfskündigung: Wie sich Mieter wehren können?

Wenn ein Mieter sich gegen eine Eigenbedarfskündigung wehren will, kann er bis spätestens zwei Monate vor Beendigung des Mietverhältnisses Widerspruch einlegen. Diese Frist gilt zumindest, wenn der Vermieter den Mieter im Kündigungsschreiben korrekt über das Widerspruchsrecht belehrt hat.

Rechtsschutztipp 

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Eigenbedarfskündigung: Härtefall

Andererseits kann der Mieter auch noch später Härtefallgründe vorbringen. Gemeint sind Nachteile wirtschaftlicher, finanzieller, gesundheitlicher, familiärer oder persönlicher Art, die infolge der Vertragsbeendigung auftreten, die über die üblichen, mit einem Umzug verbundenen Kosten und durch eine Ortsveränderung ausgelösten Erschwernisse weit hinausgehen und die die Interessen des Vermieters deutlich überwiegen. Aussicht auf Erfolg hat der Mieter demnach, wenn der Auszug für ihn oder andere seinem Haushalt zugehörige Personen eine übermäßige Härte bedeuten würde. Diese liegt zum Beispiel bei pflegebedürftigen Mietern in hohem Alter, bei schweren Krankheiten, Schwangerschaft oder Suizidgefahr vor. Auch wenn der Mieter erheblich in die Wohnung investiert hat und diese Dinge nicht mitnehmen kann, ein Wohnortwechsel den Abschluss der Schule, der Ausbildung oder des Studiums erheblich gefährden würde oder der Mieter durch einen Umzug beruflich erheblich beeinträchtigt werden würde. Auch eine lange Mietdauer mit der starken Verwurzelung, begründen einen Härtefall.

Kündigung wegen Eigenbedarfs: Mieter findet keine Wohnung

Aufgrund der nicht abschließenden Formulierung des § 574 BGB gibt es verschiedene Gründe, die einen Härteantrag rechtfertigen können. Dazu zählt auch, wenn der Mieter keinen Ersatzwohnraum zu zumutbaren Bedingungen finden kann. Der Gesetzgeber hält den Grund für so bedeutsam, dass dieser in § 574 Absatz 2 explizit aufgeführt wurde.

Eigenbedarf im Mietvertrag ausschließen: Geht das?

Der Bundesgerichtshof hat 2007 in einem Urteil (AZ: VIII ZR 223/06) beschlossen, dass sich Vermieter und Mieter grundlegend darauf einigen können, die Kündigung wegen Eigenbedarfs im Mietvertrag auszuschließen. Damit der Verzicht auf die Anmeldung von Eigenbedarf auch wirksam festgelegt ist, muss die Abrede schriftlich festgehalten werden. Eine zeitliche Begrenzung ist nicht notwendig. Empfehlenswert ist es, den Ausschluss des Eigenbedarfs direkt im Mietvertrag zu vermerken. Andernfalls muss der Verzicht auf einem Schriftstück festgehalten werden, das als Urkundeneinheit dem Mietvertrag zweifelsfrei zugehörig ist (BGH, 15.11.2006, AZ: XII ZR 92/04). In Streitfällen kann die Zugehörigkeit jedoch vom Gericht hinterfragt und aberkannt werden.

Schadenersatz bei Eigenbedarf

Der Mieter hat Anspruch auf Schadensersatz bei vorgetäuschtem Eigenbedarf. In manchen Fällen versuchen Vermieter auf diese Art ihre Mieter aus der Wohnung zu bekommen, beispielsweise um eine Mieterhöhung durch den nächsten Mieter zu bekommen.

Was Vermieter wissen sollten: Bei einem vorgetäuschten Eigenbedarf kann es sich um einen Straftatbestand des Betrugs handeln. Sobald eine Kündigung wegen Eigenbedarfs ausgesprochen wird, muss auch Bedarf bestehen. Ein weiterer Grund Schadensersatz geltend machen zu können ist, wenn der Wegfall des Eigenbedarfs während der Kündigungsfrist erfolgt, aber nicht mitgeteilt wird.

Der Schadensersatz kann sich dann auf die mit dem Umzug zusammenhängenden Kosten, wie zum Beispiel die Suche nach einer neuen Wohnung, Investitionen in Umzug und Renovierung und eine höhere Miete erstrecken. Ein Anspruch auf Schadensersatz besteht hingegen nicht, wenn der Mieter sich nicht gegen die Kündigung gewehrt hat oder sie nur aus formellen Gründen unwirksam ist.

Kündigung wegen Eigenbedarfs: Wie lange muss man drin wohnen?

Wer eine Kündigung wegen Eigenbedarfs ausspricht, ist in der Pflicht, das Ausgesprochene auch zu erfüllen. Somit muss die Wohnung vom Vermieter oder einem engen Verwandten nach Auszug des Mieters auch bezogen werden. Wie lange besagte Personen in der Wohnung wohnen müssen, ist im Bürgerlichen Gesetzbuch nicht vorgeschrieben.

Mietaufhebungsvertrag nach Kündigung

Ein Mietaufhebungsvertrag kann in manchen Fällen sinnvoll sein. Beispielsweise, wenn der Vermieter möglichst schnell in die Wohnung möchte. Es herrscht dann eine sofortige Rechtssicherheit auf beiden Seiten und Vermieter bieten in diesem Zuge oft eine Abfindung an, zahlen die Umzugskosten oder verzichten auf die Kosten für Schönheitsreparaturen in der Wohnung.

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