17.04.2023

Notvertretungsrecht: Ehegatten und Lebenspartner erhalten neues Recht

Lange durften sich Eheleute in medizinischen Angelegenheiten nur gegenseitig vertreten, wenn eine entsprechende Vorsorgevollmacht vorlag. Doch seit dem 1. Januar 2023 gilt das sogenannte Notvertretungsrecht für Ehepaare und Lebenspartner. Doch was verbirgt sich dahinter? Wann greift das Notvertretungsrecht und für welche Lebensbereiche gilt es?

Außerdem: Tritt das Notvertretungsrecht auch bei Vorliegen einer Vorsorge- bzw. Betreuungsvollmacht in Kraft?

Notvertretungsrecht für Ehegatten: Wann greift die Regelung?

Das neue Notvertretungsrecht ist in  § 1358 BGB geregelt und gilt für Ehepartner sowie Partner in einer eingetragenen Lebensgemeinschaft. Dieses Recht tritt in dem Moment in Kraft, in welchem ein (Ehe-)Partner aufgrund einer Erkrankung oder eines Unfalls keine eigenen Entscheidungen zur medizinischen Behandlung oder Unterbringung treffen kann.

Voraussetzungen für das Notvertretungsrecht

  • Die (Ehe-)Partner leben nicht getrennt voneinander.
  • Die Gesundheitssorge ist nicht bereits anderweitig geregelt (z.B. in einer Vorsorgevollmacht).
  • Es liegen keine Umstände vor, die nachweisen, dass der erkrankte (Ehe-)Partner die Betreuung durch die verpartnerte Person ablehnt.

Dabei ist das ärztliche Fachpersonal nicht verpflichtet, das Vorliegen der o.g. Voraussetzungen zu überprüfen. Lediglich ist der Ehe- bzw. Lebenspartner zu fragen, ob er zur Ausübung des Notvertretungsrechts berechtigt ist. Wird die Frage bejaht, ist das behandelnde ärztliche Fachpersonal verpflichtet, die Geschäftsunfähigkeit der erkrankten Person schriftlich zu bestätigen.

Das Notvertretungsrecht gilt für maximal 6 Monate ab Bestätigung der Geschäftsunfähigkeit.

Ist nach Ablauf dieser Zeit weiterhin eine Vertretung erforderlich – beispielsweise, weil sich der Gesundheitszustand nicht verbessert hat – muss ein Betreuungsgericht eingeschaltet werden. Dieses entscheidet, wer zukünftig die Interessen der zu betreuenden Person vertreten soll. Dies kann sowohl ein Familienmitglied als auch ein gesetzlicher Betreuer sein.

Wissenswert: Ist aus gesundheitlichen Gründen ein Umzug in ein Pflegeheim erforderlich, stehen der pflegebedürftigen Person besondere Rechte zu. Welche dies sind, fasst unser Beitrag über Bewohnerrechte im Pflegeheim zusammen.

Notvertretungsrecht für Ehepartner: Worin kann vertreten werden?

Das Notvertretungsrecht gilt ausschließlich für Angelegenheiten der Gesundheitssorge. § 1358 BGB definiert, in welchen Bereichen Ehepartner sich gegenseitig vertreten dürfen:

Ehe- oder Lebenspartnerinnen und -partner dürfen im Notfall entscheiden, welche Untersuchungen, Heilbehandlungen oder ärztliche Eingriffe erfolgen sollen. Im Umkehrschluss dürfen bestimmte Therapien und Eingriffe abgelehnt werden, wenn dies im Sinne der erkrankten Person ist. Gegenüber der Vertretung sind Ärzte von der Schweigepflicht entbunden und zur Erteilung von Auskünften verpflichtet.

Die Vertretung ist berechtigt, Verträge, die im Zusammenhang mit der Erkrankung erforderlich sind, abzuschließen. Dies können unter anderem Behandlungs- und Krankenhausverträge sowie Verträge über Reha-Maßnahmen sein.

Verträge, die nicht mit der Erkrankung zusammenhängen, dürfen jedoch nicht abgeschlossen oder gekündigt werden. So ist es beispielsweise unzulässig, den Handyvertrag der erkrankten Person zu kündigen oder ihr Auto zu verkaufen.

Ebenfalls kann die gesunde Partnerin oder der gesunde Partner über den Einsatz freiheitsentziehender Maßnahmen wie z.B. ein Bettgitter, eine Fixierung oder ruhigstellende Medikamente entscheiden. Die jeweiligen Maßnahmen dürfen jedoch höchstens sechs Wochen lang zum Einsatz kommen.

Ansprüche, die sich aufgrund der Erkrankung gegenüber Dritten ergeben, dürfen von der vertretenden Person geltend gemacht werden. Dies können beispielsweise Ansprüche gegenüber der gegnerischen Partei in einem Unfall sein.

Neues Stellvertretungsrecht: Ist ein Widerspruch möglich?

Paare, die keine gegenseitige Notvertretung wünschen, können vorab einen Widerspruch dazu einlegen. Seit 2023 kann der Widerspruch gegen eine Gebühr i.H.v. 17,50 € im Zentralen Vorsorgeregister hinterlegt werden.

Ärztliches Fachpersonal hat Zugriff auf das Vorsorgeregister und sollte im Fall der Fälle überprüfen, ob ein entsprechendes Dokument hinterlegt wurde.

Vertretungsrecht für Ehegatten: Welche Rolle spielen Vorsorgevollmacht, Betreuungsverfügung und Patientenverfügung?

Das Notvertretungsrecht soll Lebenspartnerschaften und Eheleuten im Notfall ein Vertretungsrecht einräumen, sofern dieses nicht bereits anderweitig geregelt wurde.

 

Das Notvertretungsrecht ist folglich kein Ersatz für eine Patientenverfügung, Betreuungsverfügung oder eine Vorsorgevollmacht. Sobald eines dieser Dokumente vorliegt, ist das Notvertretungsrecht ausgeschlossen.

Wer also sicherstellen möchte, dass im medizinischen Notfall eine den eigenen Wünschen entsprechende Behandlung durchgeführt wird, sollte schriftlich eine Patienten- oder Betreuungsverfügung bzw. eine Vorsorgevollmacht aufsetzen. Der ALLRECHT Privat-Rechtsschutz bietet ihren Versicherten einen umfassenden Service zur Erstellung der entsprechenden Vollmachten und Verfügungen.

Dabei kann konkret bestimmt werden, wer welche Entscheidungen im Notfall treffen darf. Im Rahmen dessen können auch Vollmachten für weitere Bereiche (z.B. Bankgeschäfte) erteilt werden, die vom Notvertretungsrecht nicht geregelt sind. Und: Anders als beim Notvertretungsrecht gelten derartige Vollmachten – sofern nicht abweichend formuliert – bis auf Widerruf.

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