10.11.2022

Abmahnung & Kündigung im Arbeitsrecht: Was Unternehmen und Beschäftigte wissen müssen

Eine Abmahnung oder gar die Kündigung ist für Arbeitnehmende ein Schock. Schließlich steht im schlimmsten Fall die berufliche Existenz auf dem Spiel. Was sich genau hinter den Begriffen „Abmahnung“ und „Kündigung“ verbirgt, wann beides wirksam ist und wie man sich im Fall der Fälle richtig verhält, zeigt dieser Artikel.

Kündigung vs. Abmahnung: Das sind die Unterschiede

Die Kündigung ist eine einseitige, empfangsbedürftige Willenserklärung. Mittels einer Kündigung möchte eine der Vertragsparteien ein bestehendes Vertragsverhältnis – im Arbeitsrecht den Arbeitsvertrag – kündigen.

Für ihre Wirksamkeit bedarf die Kündigung eines Arbeitsvertrages zunächst der Schriftform (§ 623 BGB). Darüber hinaus ist gem. § 126 Abs. 1 BGB eine eigenhändige Unterschrift einer zur Kündigung berechtigten Person erforderlich. Und: Eine Kündigung wird erst zu dem Zeitpunkt wirksam, an dem sie der gekündigten Person zugegangen ist.

Es ist jedoch möglich, dass bei formal korrekter Erklärung der Kündigung nicht alle Vorschriften des Kündigungsschutzes beachtet wurden. Dann kann die Kündigung unwirksam sein. Das ist zum Beispiel der Fall, wenn der arbeitgebende Betrieb eine falsche Kündigungsfrist berechnet hat und diese im Kündigungsschreiben falsch vermerkt wurde.

Eine Abmahnung ist im Arbeitsrecht eine förmliche Rüge vonseiten des arbeitgebenden Unternehmens. Sie kann von jeder Person ausgesprochen werden, die gegenüber der abzumahnenden Person weisungsbefugt ist.

Eine Abmahnung stellt das mildere Mittel zur Kündigung dar und wird dann eingesetzt, wenn eine Pflichtverletzung seitens des oder der Beschäftigten vorliegt. 

Was muss eine Abmahnung beinhalten?

Grundsätzlich erfüllt die Abmahnung 3 Funktionen, die gleichzeitig Voraussetzungen für die Wirksamkeit sind:

  1. Dokumentationsfunktion:
    Der Pflichtverstoß ist konkret zu beschreiben, inkl. Datum und Uhrzeit. Wird ein mehrmaliges Fehlverhalten beanstandet, sind alle Vorfälle anzugeben.
     
  2. Hinweisfunktion:
    Der Betrieb muss die abgemahnte Person darauf hinweisen, dass das abgemahnte Verhalten einen Pflichtverstoß darstellt.
     
  3. Warn- und Androhungsfunktion:
    Der beschäftigten Person muss durch Androhung arbeitsrechtlicher Konsequenzen (z.B. einer Kündigung) deutlich gemacht werden, dass ein fortgesetzter oder wiederholter Pflichtverstoß das Arbeitsverhältnis gefährdet.

Einem Formzwang unterliegt die Abmahnung hingegen nicht. Mündliche und schriftliche Abmahnungen sind gleichermaßen zulässig. Aus Gründen der Nachweisbarkeit wird eine Abmahnung üblicherweise schriftlich zugestellt und in der Personalakte verwahrt.

Abmahnungs-Frist: Wie lange ist eine Abmahnung gültig?

Verjährungsfristen, nach denen eine (zulässige) Abmahnung aus der Personalakte entfernt werden muss, existieren in Deutschland nicht. Allerdings können Beschäftigte die Löschung der Abmahnung schriftlich beim Unternehmen beantragen. Beispielsweise dann, wenn der Betrieb kein berechtigtes Interesse mehr an der Aufbewahrung der Abmahnung hat (vgl. Urteil BAG, Az.: 2 AZR 782/11).

Abmahnung Gründe: Wofür kann man abgemahnt werden?

Für Betriebe gibt es unterschiedliche Gründe, das Fehlverhalten einer beschäftigten Person abzumahnen. Wichtig ist, dass der Anlass für eine Abmahnung tatsächlich die arbeitsrechtlichen Pflichten des oder der Mitarbeitenden verletzt.

Typische Abmahnungsgründe sind:

  • Abmahnung wegen Nichtbefolgen von Arbeitsanweisungen
  • Abmahnung wegen Beleidigung von Teammitgliedern
  • Abmahnung wegen Arbeitsverweigerung
  • Abmahnung wegen unentschuldigten Fehlens
  • Abmahnung wegen Krankheit (bei verspäteter oder fehlender Krankmeldung)
  • Abmahnung wegen Alkohol im Dienst

Auch Abmahnungen wegen Zuspätkommens, Minder- bzw. Schlechtleistung oder einer unerlaubten Nebentätigkeit sind zulässig.

Abmahnung wegen Alkohol oder Drogen am Arbeitsplatz

Konsumiert man Alkohol oder Drogen am Arbeitsplatz, ist dies ein Abmahnungsgrund. Grundsätzlich allerdings nur dann, wenn im Betrieb ein ausdrückliches, zulässiges Verbot bestand. Das ist jedoch regelmäßig entbehrlich, da viele Drogen bereits per Gesetz verboten sind. Aus diesem Grund kann der Konsum von Drogen wie Marihuana o.ä. während der Arbeitszeit eine verhaltensbedingte oder sogar fristlose Kündigung begründen.

Unter welchen Bedingungen darf ein Unternehmen nach einer Abmahnung kündigen?

Eine verhaltensbedingte Kündigung ohne Abmahnung ist in vielen Fällen unzulässig. Die gesetzliche Grundlage bildet § 314 Abs. 2 BGB. Bei leichten Verstößen – z.B. gegen die Verschwiegenheitspflicht – kann es ggf. notwendig sein, mehrmals (erfolglos) abzumahnen, bevor eine Kündigung ausgesprochen werden kann. Wie viele Abmahnungen bis zur Kündigung erforderlich sind, hängt von den Umständen im Einzelfall ab.

Mit der Abmahnung gilt das Fehlverhalten einer arbeitnehmenden Person als verbraucht. Ihr kann wegen desselben Sachverhalts nicht mehr gekündigt werden. Lediglich dann, wenn die arbeitnehmende Person das in der Abmahnung beschriebene Verhalten wiederholt, kann seitens des arbeitgebenden Betriebes eine Kündigung ausgesprochen werden.

Wann ist eine verhaltensbedingte Kündigung ohne Abmahnung möglich?

Abmahnungen können ausnahmsweise entbehrlich sein. Dies ist der Fall, wenn:

  • auch nach einer Abmahnung keine Verhaltensänderung seitens der abgemahnten Person zu erwarten ist, oder
  • die Pflichtverletzung so schwerwiegend ist, dass das Vertrauen zwischen Vorgesetzten und Mitarbeitenden nachhaltig zerstört ist (vgl. LAG Niedersachsen, „private Internetnutzung am Arbeitsplatz“, Az.: 12 SA 875/09 und Hessisches LAG, „Löschen von Kundendaten“, Az.: 7 Sa 1060/10)

 

Darüber hinaus erfordern betriebsbedingte und personenbedingte Kündigungen in der Regel keine vorherige Abmahnung. Verliert beispielsweise eine LKW-fahrende Person ihren Führerschein, kann sie ihre Arbeitsleistung nicht mehr erbringen – und daher personenbedingt gekündigt werden.

Abmahnung oder Kündigung erhalten: Was tun?

Wer eine Abmahnung oder Kündigung erhalten hat, sollte zunächst das Gespräch mit einer vorgesetzten Person suchen. Häufig lässt sich auf diese Weise eine einvernehmliche Lösung erzielen. Dabei hilft im Einzelfall die Einbeziehung des Personal- oder Betriebsrates.

Führt dieses Vorgehen zu keiner Lösung, können Arbeitnehmende eine Gegendarstellung zur Abmahnung formulieren und Einsicht in ihre Personalakte verlangen (§ 83 Abs. 2 BetrVG). Auch eine Klage gegen eine Abmahnung ist möglich. Stellt sich diese als unberechtigt heraus, muss die Abmahnung aus der Personalakte entfernt werden (vgl. BAG-Urteil, Az.: 2 AZR 675/07).

Folgt auf die Abmahnung eine Kündigung, kann diese in einem Kündigungsschutzprozess angefochten werden. Der ALLRECHT Berufs-Rechtsschutz unterstützt Betroffene bei der Suche nach einem kompetenten Rechtsbeistand. Steht eine verhaltensbedingte oder außerordentliche Kündigung im Raum, können sich der arbeitgebende Betrieb und die arbeitnehmende Person auf einen Aufhebungsvertrag einigen. In diesem müssen die Gründe für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht genannt werden – ein Vorteil für zukünftige Bewerbungen.

Rechtsschutztipp 

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