04.01.2022 – zuletzt aktualisiert am: 15.12.2022

Kaufrecht: Alles von Gewährleistung bis Sachmangel

Ob beim Online-Shopping oder im Ladengeschäft: Mit dem deutschen Kaufrecht kommen die meisten Menschen in Kontakt, ohne sich dessen so richtig bewusst zu sein. Es regelt wichtige Aspekte des Kaufes wie den Gewährleistungsanspruch, Regelungen für Sachmängel sowie die Rechte zu Umtausch oder Rückgabe. Damit ist es sowohl beim Kauf für Verbraucher als auch für Verkäufer von großer Relevanz. Alles Wissenswerte liefert dieser Artikel.

Was umfasst das Kaufrecht?

Das Kaufrecht subsumiert – als Teil des Zivilrechts – alle Rechtsvorschriften, welche die Rechte und Pflichten von Käufern und Verkäufern bei Abschluss eines Kaufvertrages betreffen. Es unterscheidet zwischen dem allgemeinen Kaufrecht, den besonderen Arten des Kaufes (z.B. Wiederkauf, Vorkauf) sowie dem Verbrauchsgüterkauf. Die entsprechenden Regelungen sind in §§ 433 ff. Bürgerliches Gesetzbuch (kurz: BGB) zu finden.

Das aktuelle Kaufrecht 2022: Wen betrifft es und was wurde geändert?

Um die EU-Richtlinie 2019/771 umzusetzen, hat der Bundestag im Sommer 2021 das „Gesetz zur Regelung des Verkaufs von Sachen mit digitalen Elementen und anderen Aspekten des Kauvertrags“ verabschiedet.

Die Gesetzesänderung betrifft alle Kaufverträge, die ab dem 1. Januar 2022 geschlossen werden, und gilt für diese Sektoren:

  • Handel, der Produkte an die Endkundschaft verkauft
  • Onlineshops, die an Endkundschaft verkaufen und
  • Herstellung, die evtl. vom Handel in Regress genommen werden

Zu den wichtigsten Änderungen des neuen Kaufrechts ab 2022 zählen:

  • die Neuregelung des Sachmangelbegriffs
  • die Verlängerung der Beweislastumkehr von sechs auf zwölf Monate
  • neue Regelungen zur Nacherfüllung
  • die Einführung einer Ware mit digitalem Inhalt
  • Änderungen beim Rücktrittsrecht

Sachmangelhaftung

Das Kaufrecht regelt unter anderem die Rechte von Käufern bei mangelhafter Ware gegenüber Verkäufern.

Was ist ein Sachmangel?

Vereinfacht gesagt ist ein Sachmangel dann gegeben, wenn:

  • die gekaufte Sache nicht die vereinbarte Beschaffenheit aufweist oder
  • nicht für die Verwendung geeignet ist, die zu erwarten wäre.

 

Vor der Kaufrecht-Reform 2022 galt eine Sache gem. § 434 BGB als frei von Sachmängeln, wenn sie bei „Gefahrübergang“ die zwischen den Vertragsparteien vereinbarte Beschaffenheit (subjektiven Anforderungen) aufwies. Unter „Gefahrübergang“ versteht man hierbei den Übergang des Risikos der Verschlechterung oder des Verlusts der verkauften Sache von der Verkaufsseite auf die Kaufseite. Zukünftig muss eine Sache zusätzlich auch den objektiven Anforderungen sowie den Montageanforderungen genügen.

Nach dem neuen Kaufrecht ab 2022 sind die subjektiven Anforderungen erfüllt, wenn die Sache:

  • die vereinbarte Beschaffenheit aufweist und
  • sich für die im Vertrag bestimmte Verwendung eignet

 

Die objektiven Anforderungen sind erfüllt, wenn die Sache:

  • für die gewöhnliche Verwendung geeignet ist und
  • eine für Sachen gleicher Art übliche Beschaffenheit aufweist und
  • verpackt, mit Zubehör und einer ausreichend ausführlichen Montageanleitung übergeben wird.

Nach dem aktuellen Kaufrecht gilt demnach für den Sachmangel: Eine Sache kann auch dann mangelhaft sein, wenn sie zwar die vereinbarte Beschaffenheit aufweist, sich jedoch nicht zur gewöhnlichen Verwendung eignet.

Sachmangel bei Ware mit digitalen Elementen

Immer häufiger gibt es Produkte, die nur in Kombination aus Hardware und Software funktionieren – sogenannte „Ware mit digitalen Elementen“. Für solche Produkte hat der Gesetzgeber im Rahmen der Kaufrecht-Reform mittlerweile auch Klarheit geschaffen, was die Sachmangelhaftung angeht.

Bei „Ware mit digitalen Elementen“ handelt es sich um eine Sache, welche digitale Inhalte oder digitale Dienstleistungen enthält, oder so mit ihnen verbunden ist, dass sie ihre Funktion ohne diese digitalen Inhalte nicht erfüllen kann. Typische Beispiele sind Smartphones, Tablets oder Smartwatches.

Gemäß dem aktuellen Kaufrecht gilt für Ware mit digitalen Elementen: Produzierende Unternehmen sind zukünftig verpflichtet, für den üblichen Nutzungszeitraum des Produkts Aktualisierungen bereitzustellen und die verkaufenden Unternehmen über diese zu informieren. Wird die Aktualisierungspflicht nicht erfüllt, gilt die Sache als mangelhaft.

Beweislast bei Sachmangel

Bei Verbrauchsgüterkäufen haften Unternehmen für alle Mängel, die bereits zum Zeitpunkt des Verkaufs an Privatpersonen bestanden haben. Zeigt sich ein Mangel innerhalb der ersten 12 Monate nach Übergabe der Sache, wird zugunsten der Kaufpartei vermutet, dass dieser Mangel bereits bei der Übergabe vorlag. Die Folge: Das Unternehmen muss die Sache reparieren oder nachbessern.

Erst nach Ablauf der zwölf Monate tritt die sogenannte Beweislastumkehr ein. Fortan muss die Kaufpartei nachweisen, dass der Mangel tatsächlich schon bei der Übergabe bestand.

Unser Tipp: Da ein Nachweis der Kaufpartei in vielen Fällen schwierig ist, sollten Betroffene im Falle einer Beweislastumkehr einen Rechtsbeistand zu Rate ziehen. Eine Privatrechtsschutzversicherung kann hierbei behilflich sein.

Ist die Kaufpartei selbst ein Unternehmen, liegt die Beweislast ab Gefahrübergang beim kaufenden Unternehmen.

Rechte der Kaufpartei bei Sachmängeln

Liegt ein Sachmangel vor, hat man nach dem Kauf eine ganze Reihe an Rechten, die unter den sogenannten „Mängelgewährleistungsrechten“ zusammengefasst werden:

Chance auf Nacherfüllung

Liegt ein Sachmangel vor, muss die Verkaufsseite zunächst die Chance auf Nacherfüllung erhalten; sprich die Möglichkeit bekommen, den Sachmangel durch Reparatur oder Ersatz zu beseitigen.

Im Zuge des neuen Kaufrechtswird die Kaufpartei verpflichtet, die Kaufsache der Verkaufspartei zum Zwecke der Nacherfüllung zu überlassen. Im Gegenzug muss letztere die Kosten übernehmen, die im Rahmen der Nacherfüllung entstanden sind. Darüber hinaus dürfen Käufern bei einer Ersatzlieferung keine zusätzlichen Kosten entstehen.

Rücktritt vom Kaufvertrag

Wird dem Recht auf Nacherfüllung nicht nachgekommen, hat die Kaufseite die Möglichkeit, vom Kauf zurückzutreten und den Kaufpreis zurückzuverlangen. Vor der Reform des Kaufrechts mussten Verbraucherinnen und Verbraucher einem Unternehmen im Falle eines Sachmangels eine angemessene Frist zur Nacherfüllung einräumen, um nach deren erfolglosem Ablauf vom Kaufvertrag zurücktreten zu können.

Nach den Regelungen des neuen Kaufrechts ist eine Fristsetzung zur Nacherfüllung entbehrlich: Bereits mit der Mitteilung des Mangels durch Verbrauchende an Unternehmen beginnt eine (fiktive) angemessene Frist. 

Abweichend von § 323 Abs. 2 und § 440 BGB gilt das Rücktrittsrecht auch dann, wenn:

  • die Nacherfüllung nach Ablauf einer angemessenen Frist nicht vorgenommen wurde (unabhängig davon, ob die Frist ausdrücklich gesetzt wurde)
  • die Nacherfüllung verweigert wurde
  • die Sache trotz einer Nacherfüllung weiterhin mangelhaft ist
  • die Schwere des Mangels einen sofortigen Rücktritt gerechtfertigt oder
  • es nach den Umständen offensichtlich ist, dass das Unternehmen die Nacherfüllung nicht ordnungsgemäß vornehmen wird.

Gewährleistung

Der Gewährleistungsanspruch beruht auf der gesetzlich festgelegten Gewährleistung, die Händler der Kaufseite gewähren müssen gem. §§ 437 und 438 BGB.

Nach dem Gesetz muss das verkaufende Unternehmen der Kaufpartei 24 Monate Gewährleistung bei Neuwaren und zwölf Monate bei Gebrauchtwaren einräumen. Wird in diesem Zeitraum also ein Mangel an der gekauften Ware festgestellt, kann die Kaufpartei das Produkt reklamieren, das bedeutet eine Reparatur oder Nachbesserung verlangen.

Die gesetzliche Gewährleistung ist nicht mit einer Garantie zu verwechseln! Die Garantie wird auf freiwilliger Basis vom Handel oder herstellenden Unternehmen gewährt.

Die gesetzliche Gewährleistung gilt grundsätzlich immer dann, wenn ein Produkt von einem gewerblichen Händler erworben wird.

Bei einem Privatkauf von Privatperson zu Privatperson - wie es zum Beispiel via ebay Kleinanzeigen Gang und Gebe ist - kann die Verkaufsseite die Gewährleistung ausschließen. Tut sie dies jedoch nicht, gelten die gesetzlichen Gewährleistungsrechte.

Tipp: Es lohnt sich also, als Kaufseite immer zu schauen, inwieweit die Verkaufsseite die Gewährleistung bei einem Privatverkauf ausschließt. Genauso lohnt es sich als Verkaufsseite darüber nachzudenken, die Gewährleistung bewusst auszuschließen.

Rückgaberecht  & Umtausch von Kaufsachen

In der Regel ist es kein Problem, Kaufsachen umzutauschen, auch ohne, dass ein Sachmangel vorliegt. Beispielsweise aufgrund von Nichtgefallen oder aufgrund einer falsch bestellten Größe. Allerdings besteht hierfür kein gesetzlicher Anspruch: Ein gesetzliches Rückgaberecht gibt es nicht, sofern die Ware keine Mängel aufweist!

Bei freiwilliger Einräumung eines Umtausch- oder Rückgaberechts durch den Händler oder Hersteller ist es der Kaufseite möglich, die Kaufsache zurückzugeben oder umzutauschen.

Widerrufsrecht

Bei Käufen, die beispielsweise im Ladengeschäft getätigt werden, wird qua Gesetz davon ausgegangen, dass die Kaufseite genügend Zeit hat, das Produkt ausgiebig zu begutachten, anzuprobieren, anzufassen oder zu testen. Bei Online-Geschäften geht dies jedoch nicht.

Um Verbraucher vor Fehleinkäufen zu schützen, gilt für sogenannte „Fernabsatzverträge“ ein vierzehntägiges Widerrufsrecht. Das bedeutet, die Kaufseite kann innerhalb von zwei Wochen den Kauf ohne Angabe von Gründen schriftlich widerrufen.

Das Widerrufsrecht gilt bei:

  • Online-Käufen
  • Bestellungen per E-Mail, Telefon oder Fax – also generell dann, wenn Verkaufsseite und Kaufseite nicht persönlich im gleichen Raum anwesend sind oder sein können
  • Haustürgeschäften
  • Kaffeefahrten
  • Kreditgeschäften

Außerdem kann das Widerrufsrecht bei freiwilliger Einräumung eines Umtausch- oder Rückgaberechts bei Nichtgefallen gelten.

Hat die Kaufpartei ein Recht auf Widerruf oder Rückgabe, kann sie die Waren gegen Erstattung des Kaufpreises zurückgeben.

Ausnahmen beim Widerrufsrecht

Für das Widerrufsrecht gibt es jedoch einige Ausnahmen. Hierzu gehört zum Beispiel die Nutzung der Ware vor Widerruf. Wurde etwa ein Kleidungsstück über längere Zeit getragen und nicht bloß anprobiert, wie man es in einem Ladengeschäft tun könnte, kann der Kauf nicht widerrufen werden. Weitere Ausnahmen sind in § 312g BGB zu finden.

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