03.07.2023

Zielvereinbarung: Was Arbeitgebende und Arbeitnehmende wissen müssen

Zum Ende des Geschäftsjahres wird Bilanz gezogen. Die Leistungen der Arbeitnehmenden werden analysiert und neue Ziele für das kommende Jahr definiert – häufig im Rahmen einer sogenannten Zielvereinbarung. Was genau sich hinter diesem Begriff verbirgt, wie eine Zielvereinbarung formuliert werden sollte und welche rechtlichen Pflichten sie für Arbeitgebende und Arbeitnehmende beinhaltet, klärt dieser Artikel.

Was ist eine Zielvereinbarung? Arbeitsrechtliche Regelungen

Sogenannte Zielvereinbarungen zählen zu den grundlegenden Führungstechniken in der Mitarbeitendenentwicklung. Eine Zielvereinbarung ist eine vertragliche Nebenabrede zwischen Arbeitgebenden und Arbeitnehmenden. Mit ihr werden Zustände bzw. Ziele festgelegt, die innerhalb eines bestimmten Zeitrahmens zu erreichen sind.

Am Ende wird von beiden Parteien evaluiert, ob die festgelegten Ziele erreicht wurden oder nicht. Wurden sie erreicht, besteht für die arbeitnehmende Person üblicherweise ein Anspruch auf eine Prämie. Die Höhe der Prämie kann an den Grad der Zielerreichung geknüpft sein.

In der Praxis werden üblicherweise quantitative und/oder qualitative Ziele vereinbart:

  • Quantitative Ziele können beispielsweise Umsatzvorgaben oder die Anzahl an Auftragseingängen sein.
  • Zu den qualitativen Zielen zählen die persönlichen Entwicklungsziele von Mitarbeitenden bzw. die berufliche Entwicklung der Person oder eines von ihr geleiteten Bereichs bzw. Teams.

Die Vor- und Nachteile einer Zielvereinbarung

Vorteile

Nachteile

Priorisierung von Aufgaben

Konkrete Zielvorgaben können Leistungsdruck verstärken

Klare Ziele fördern Motivation der Teamkräfte

Zu hohe Ziele können das Betriebsklima verschlechtern

Transparenz & Klarheit über die Anforderungen an Beschäftigte

Verfehlen der Zielerreichung kann Demotivation auslösen

Mehr Eigenverantwortung für Mitarbeitende

Starre Zielvorgaben können dazu führen, dass auf sich ändernde Rahmenbedingungen nicht reagiert wird

Mehr Verbindlichkeit durch konkrete Zielvorgabe

Fehlende Konsequenz, sofern der Fortschritt nicht durch den Betrieb verfolgt wird.

 

Zielvereinbarung: Beispiele aus der Praxis

Die festgelegten Mietarbeiterziele können individuell festgelegt werden und deshalb die unterschiedlichsten Formen annehmen. So kann sich eine beschäftigte Person im Rahmen einer Zielvereinbarung zum Beispiel dazu verpflichten,

  • die Produktivität des von ihr geleiteten Teams innerhalb des nächsten halben Jahres um 15 Prozent zu steigern
  • die Verkaufszahlen in den nächsten 12 Monaten um 20 Prozent zu steigern
  • den Marktanteil eines bestimmten Produkts im nächsten Jahr um 10 Prozent zu steigern
  • innerhalb eines Jahres mindestens drei Fortbildungsseminare zu besuchen, um seine/ihre beruflichen Fähigkeiten zu erweitern.

Zielvereinbarungsgespräch führen und Zielvereinbarung formulieren

Zielvereinbarungsgespräche werden im Rahmen eines Mitarbeitergesprächs geführt. Dabei werden Bedarf und Anforderungen analysiert und die bisherige Leistung des Mitarbeitenden beurteilt. Anschließend schaffen die arbeitgebende sowie die arbeitnehmende Person Klarheit über:

  • die Zielvorgaben
  • Schritte und Maßnahmen zur Zielerreichung
  • den Handlungsspielraum des Mitarbeitenden
  • etwaige Unterstützungsmaßnahmen von Seiten der vorgesetzten Person
  • den Termin des nächsten Mitarbeitergesprächs

Alle getroffenen Absprachen werden schriftlich fixiert. Dabei ist eine exakte Formulierung der Zielvorgaben von großer Bedeutung. Nur klar definierte Ziele können später korrekt analysiert werden.

Wichtig: Die konkrete Ausformulierung einer Zielvereinbarung ist von großer Bedeutung für die spätere Leistungsbeurteilung. Wer Fragen bzgl. einer geplanten oder bereits vereinbarten Zielvereinbarung hat, findet bei einer Berufs-Rechtsschutzversicherung einen kompetenten Ansprechpartner.

Bis wann muss eine Zielvereinbarung getroffen werden?

Eine Zielvereinbarung zwischen Arbeitgebenden und Arbeitnehmenden wird üblicherweise zu Beginn eines jeden Jahres geschlossen. Der Zeitpunkt der Vereinbarung hängt maßgeblich davon ab, bis wann die definierten Ziele erreicht werden sollen.

Grundsätzlich gilt: Arbeitnehmenden sollte eine Zielvereinbarung in einer Weise angeboten werden, dass diese sie in zulässiger Weise annehmen können. Optimal ist es, mit Arbeitnehmenden die Zielvereinbarung für das Folgejahr bereits vor Ablauf des laufenden Jahres zu vereinbaren, damit diese nicht „überrumpelt“ werden und ausreichend Bedenkzeit haben.

Bestandteile: Was schreibe ich in eine Zielvereinbarung?

Um eine Zielvereinbarung konkret zu formulieren, kann die sogenannte SMART-Formel verwendet werden.

  • S – spezifisch: Die definierten Ziele sind auf einen klar abgrenzbaren Aufgabenbereich beschränkt.
  • M – messbar: Das formulierte Ziel beinhaltet einen konkreten Kennwert des Erfolges.
  • A – attainable (erreichbar): Das Ziel ist realistisch zu erreichen.
  • R – relevant: Das Erreichen des Ziels stellt für die mitarbeitende Person, das Team oder den arbeitgebenden Betrieb einen Mehrwert dar.
  • T – terminiert: Zur Erreichung des Ziels wurde ein Fälligkeitsdatum vereinbart.

Wann sollte man eine Zielvereinbarung nicht unterschreiben?

Arbeitnehmende, die mit dem Inhalt einer Zielvereinbarung nicht einverstanden sind, sollten diese nicht unterschreiben. Im Falle von Uneinigkeit ist zunächst das Gespräch mit einer vorgesetzten Person zu suchen. Im Anschluss kann Rücksprache mit dem Betriebsrat gehalten werden, um eine für beide Seiten geeignete Lösung zu finden.

Was versteht man unter dem Freiwilligkeitsvorbehalt für Zielvereinbarungen?

Ein sogenannter Freiwilligkeitsvorbehalt im Rahmen einer Zielvereinbarung besagt, dass die Zahlung einer Prämie bei Zielerreichung eine freiwillige Leistung des Arbeitgebenden ist, auf die die arbeitnehmende Person keinen Rechtsanspruch hat. Solche Freiwilligkeitsvorbehalte sind nach der aktuellen Rechtsprechung unwirksam.

Der Grund: In der Vereinbarung selbst wird der arbeitnehmenden Person ein solcher Anspruch zugesagt, zugleich aber mit dem Freiwilligkeitsvorbehalt wieder abgesprochen. Diese Widersprüchlichkeit veranlasste das Bundesarbeitsgericht, die Wirksamkeit eines entsprechenden Vorbehaltes zu verneinen (vgl. BAG-Urteil, Az.: 10 AZR 825/06).

Zulässig ist es allerdings, den Abschluss einer Zielvereinbarung mit einem Freiwilligkeitsvorbehalt zu kombinieren. Auf diese Weise lässt sich die sog. betriebliche Übungen vermeiden. Mehr Informationen liefert unser Beitrag über das Gewohnheitsrecht.

Besteht für Beschäftigte ein Rechtsanspruch auf Auszahlung der Prämie?

In der Regel begründet das Erreichen der vereinbarten Ziele einen Rechtsanspruch auf die festgelegte Prämie. Schließlich soll eine Zielvereinbarung für Arbeitnehmende ein Leistungsanreiz sein. Aus diesem Grund wird in der Praxis üblicherweise vereinbart, dass die mitarbeitende Person Anspruch auf die zusätzliche Vergütung hat – je nach Grad der Zielerreichung.

In Einzelfällen kann es jedoch sein, dass ein solcher Anspruch nicht vereinbart wurde. Dann handelt es sich bei der Vereinbarung jedoch nicht um eine klassische Zielvereinbarung, sondern vielmehr um eine partnerschaftliche Absprache, mit der die arbeitgebende Person ihr Direktionsrecht ausübt.

Zielvereinbarung nicht erreicht: Hat das Unternehmen Anspruch auf Schadenersatz?

Wurden die vereinbarten Ziele objektiv nicht erreicht, haben Arbeitgebende keinen Anspruch auf Schadenersatz.

Interessant: In welchen Fällen Arbeitgebende Anspruch auf Schadenersatz gegenüber ihren Mitarbeitenden haben, klärt unser Artikel zum Thema Arbeitnehmerhaftung.

Allerdings können Arbeitnehmende einen solchen Anspruch haben, sofern eine Zielvereinbarung gar nicht erst getroffen wurde. Denn: Eine arbeitsvertragliche Vereinbarung, die Arbeitgebende zum Abschluss einer Zielvereinbarung verpflichtet, ist für diese bindend.

Das wird in der Praxis meist dann relevant, wenn einer mitarbeitenden Person gekündigt werden soll. Nicht selten zögern Arbeitgebende das Zielvereinbarungsgespräch dann so lange hinaus, bis es durch Zeitablauf gegenstandslos geworden ist. Für solche Fälle hat das Bundesarbeitsgericht festgelegt, dass Mitarbeitenden Schadenersatz i.H. der Vergütung zusteht, die sie im Falle einer Zielerreichung erhalten hätten (BAG-Urteil, Az.: 10 AZR 97/07).

Zielvereinbarung bei Kündigung: Auszahlung der Prämie

Endet das Arbeitsverhältnis vor Ablauf der für die Zielerreichung vereinbarten Zeit, können Arbeitnehmende eine zeitanteilige Zahlung der Zielerreichungsprämie beanspruchen. Die Prämie wird dann nach Ablauf des Kalender- oder Wirtschaftsjahres ausgezahlt, das nach der Zielvereinbarung für die Zielerreichung maßgeblich war.

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