09.06.2022

Arbeitnehmerhaftung: Wann besteht eine Schadensersatzpflicht für Beschäftigte?

Beschädigtes Werkzeug, Schäden am Firmenwagen oder ein versehentlich zerstörter Computer: Wo gearbeitet wird, können Fehler passieren. Entstehen dadurch dem Unternehmen, einem oder einer Beschäftigten oder Dritten Schäden, stellt sich die Frage nach der Haftung. Dieser Artikel erklärt, wann die Arbeitnehmerhaftung greift, in welchen Fällen sie eingeschränkt ist und was Betroffene im Fall der Fälle tun können.

Was bedeutet Arbeitnehmerhaftung im Arbeitsrecht?

Der Begriff „Arbeitnehmerhaftung“ bezeichnet die Haftung eines Arbeitnehmers oder einer Arbeitnehmerin, die in Folge einer Pflichtverletzung während einer betrieblichen Tätigkeit entstehen kann. Konkret: Wer bei der Ausübung eines Berufs einen Fehler macht, muss für den daraus entstehenden Schaden unter Umständen aufkommen. Die gesetzliche Grundlage bildet § 280 Abs. 1 BGB i.V.m. § 276 BGB.

Für eine Arbeitnehmerhaftung müssen grundsätzlich folgende Voraussetzungen erfüllt sein:

  • Pflichtverletzung: Der oder die Mitarbeitende muss mit dem Verhalten gegen arbeitsvertragliche Pflichten verstoßen haben.
  • Vorwerfbares Verhalten: Der oder die Beschäftigte muss die Pflichtverletzung vorsätzlich – mindestens aber fahrlässig – begangen haben.
  • Schaden: Aufgrund dieser Pflichtverletzung muss ein Schaden entstanden sein.

 

Typische Pflichtverletzungen, die eine Arbeitnehmerhaftung begründen können, sind beispielsweise:

  • Schlechtarbeit in Form von mangelnder Arbeitsqualität
  • die Schädigung von Kundschaft oder
  • die Vernachlässigung von Obhutspflichten bzgl. Material oder Werkzeug

Lesetipp: Dieser Artikel erklärt, warum Personal im Gesundheitsdienst einem erhöhten Straftat- und Ordnungswidrigkeiten-Risiko ausgesetzt ist.

Teammitglied verursacht Schaden: Wann haften Beschäftigte?

Beschäftigte haben in der Regel keinen Einfluss auf betriebliche Abläufe sowie die damit verbundenen Risiken und sind auf Anweisung des Unternehmens tätig. Darüber hinaus ist der Verdienst von Angestellten häufig nicht ausreichend, um einen betrieblichen Schaden in Gänze zu ersetzen.

Aufgrund dieser Besonderheit sieht der Gesetzgeber für Arbeitsverhältnisse eine eingeschränkte Arbeitnehmerhaftung, eine sog. Haftungsprivilegierung, vor. Die Höhe der Haftungsbeschränkung hängt vom Verschuldungsgrad der Mitarbeitenden ab und wird anhand des innerbetrieblichen Schadensausgleichs ermittelt:

Arbeitnehmende haften nicht für Schäden, die ihnen nur in geringem Maß vorzuwerfen sind. Das ist beispielsweise dann der Fall, wenn ein Teammitglied versehentlich Wasser über sein Arbeitsgerät schüttet oder etwas fallen lässt. Auch dann, wenn das Unternehmen Angestellte in eine Situation bringt, der diese aufgrund ihrer geringen Berufserfahrung nicht gewachsen ist, kann eine Haftung ausgeschlossen sein.

Hätte ein Schaden durch mehr Achtsamkeit bzw. Sorgfalt der Beschäftigten verhindert werden können, liegt in der Regel eine mittlere Fahrlässigkeit vor.

Beispiel: Ein Teammitglied stellt den Firmentransporter auf leicht abschüssigem Grund ab und vergisst, die Handbremse anzuziehen.

In derartigen Fällen erfolgt eine Haftungsteilung. Das bedeutet, sowohl das Unternehmen als auch der oder die Angestellte müssen für den Schaden aufkommen. Die Aufteilung hängt unter anderem vom Gefahrenrisiko, der Schadenhöhe sowie der Berufserfahrung des Teammitglieds ab.

Ein weiteres Beispiel hierfür ist das Urteil LAG Düsseldorf, Az: 13 Sa 1171/18, nach dem ein Kraftfahrer anteilig für gestohlene Waren aufkommen musste, nachdem er den LKW ungesichert geparkt hatte.

Hat ein Teammitglied Vorschriften missachtet oder außergewöhnlich sorglos gehandelt, haftet es in der Regel vollständig. Die Abgrenzung zwischen mittlerer und grober Fahrlässigkeit ist in der Praxis häufig jedoch schwierig – wie der Artikel am Beispiel „Firmenlaptop verloren“ erläutert.

Begeht ein Teammitglied vorsätzlich eine Pflichtverletzung und führt absichtlich einen Schaden herbei, muss es vollständig für den entstandenen Schaden haften.

Beispiel: Eine Angestellte beschädigt oder zerstört aus Frust über einen abgelehnten Urlaubsantrag das Firmeninventar

Arbeitnehmerhaftung: Schaden unter Mitverschulden des Unternehmens

Trägt das Unternehmen eine Mitschuld, kann auch dies gem. § 254 BGB zu einer Haftungsbeschränkung für Angestellte führen. Kommt einer Führungskraft eine Mitschuld an der direkten Schadensentstehung zu – beispielsweise, weil sie Kontrollpflichten vernachlässigt hat – ist es denkbar, dass das betroffene Teammitglied nur anteilig oder gar nicht haften muss.

Auch wenn das Unternehmen verantwortlich dafür ist, dass der Schaden außergewöhnlich hoch ausfällt, erfolgt für Beschäftigte üblicherweise eine Minderung der Schadensersatzpflicht.

Beispiel: Ein Teammitglied verursacht einen Schaden an Arbeitsmitteln, die vom Betrieb jedoch nur unzureichend versichert wurden.

Gilt die eingeschränkte Arbeitnehmerhaftung auch gegenüber Dritten und Mitarbeitenden?

Die Regeln der Arbeitnehmerhaftung beschränken sich ausschließlich auf Arbeitsverhältnisse. Verursachen Angestellte einen Schaden gegenüber Dritten (z.B. Kundschaft), ist die Haftung nicht eingeschränkt. Arbeitnehmende haben allerdings einen Anspruch darauf, dass das Unternehmen sie von der Haftung freistellt – sofern sie im Falle eines Schadens am Firmeneigentum gar nicht oder nur teilweise gehaftet hätten.

Schädigen Beschäftigte im Rahmen der betrieblichen Tätigkeit ein Teammitglied, ist die Haftung gem. § 105 Abs. 1 S. 1 SGB VII ausgeschlossen, wenn:

  • ein Personenschaden entstanden ist und
  • es sich um einen Versicherungsfall im Sinne des Unfallversicherungsrechts handelt und
  • der Schaden nicht vorsätzlich herbeigeführt wurde

 

Für Sachschäden (z.B. Kleidung, Brille oder Smartphone) der dritten Partei muss das Teammitglied jedoch aufkommen.

Wissenswert: Wer haftet bei Schäden, die im Rahmen einer Arbeitnehmerüberlassung entstanden sind?

Schaden durch Mitarbeitende: Gibt es eine Obergrenze für die Arbeitnehmerhaftung?

Eine pauschale Obergrenze für eine Arbeitnehmerhaftung existiert in Deutschland nicht. Häufig begrenzt die Rechtsprechung jedoch den Haftungsanteil der Angestellten, zum Beispiel auf ein halbes bis ein volles Monatsgehalt bei mittlerer Fahrlässigkeit oder auf drei Monatsgehälter bei grober Fahrlässigkeit.

Arbeitnehmerhaftung bei Schadenersatz abwehren – das ist zu tun

Wer mit einer Schadenersatzforderung im Zusammenhang mit seiner beruflichen Tätigkeit konfrontiert ist, der hat viele Fragen. Bin ich schuld? Trägt meine Führungskraft eine Mitschuld? Wer muss den Schaden bezahlen?

Die Beurteilung der Rechtslage gestaltet sich häufig schwierig, vor allem bei der Frage nach dem Grad der Fahrlässigkeit. Betroffene sollten unbedingt einen Rechtsbeistand zu Rate ziehen, denn beim Vorwurf eines vorsätzlich herbeigeführten Schadens stehen in der Regel hohe Schadenssummen, Abmahnungen oder Kündigungen im Raum.

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