27.08.2018

Arbeitnehmerüberlassung: Leiharbeiter sind rechtlich gesehen Angestellte

Noch nie waren so viele Menschen in Zeitarbeitsfirmen beschäftigt wie in diesen Jahren. Knapp eine Million Menschen wurden über eine Arbeitnehmerüberlassung an ein Unternehmen ausgeliehen. Denn Zeitarbeit erfüllt einen guten Zweck, um kurzfristige Engpässe zu überbrücken.

Arbeitnehmerüberlassung – klare Regeln für alle

Auch, wenn der Leiharbeiter bei der Zeitarbeitsfirma angestellt ist, ergeben sich aus der zeitlich befristeten Zusammenarbeit gewisse Rechte und natürlich auch Pflichten. Der Entleiher muss den Zeitarbeitnehmer beispielsweise über freie Stellen (befristete und unbefristete) innerhalb des Unternehmens informieren. Dadurch erhält der Leiharbeiter die Chance auf die Übernahme in ein Beschäftigungsverhältnis. Ebenso verpflichtet sich der Entleiher, dem Zeitarbeitnehmer Zugang zu den Gemeinschaftseinrichtungen wie Kinderbetreuung, Gemeinschaftsverpflegung oder Beförderung zu gewähren – und zwar zu den gleichen Bedingungen, die auch die Stammarbeitnehmer genießen.

Die im Betrieb geltenden öffentlich-rechtlichen Arbeitsschutzbestimmungen gelten auch für Leiharbeiter. Dazu zählen Arbeitsschutzverordnungen, Unfallverhütungsvorschriften und die Regelung der Arbeitszeit. Außerdem muss der Zeitarbeiter umfassend über Unfall- und Gesundheitsgefahren und die entsprechenden Gefahrenabwehrmaßnahmen aufgeklärt werden, denen er bei der Beschäftigung ausgesetzt sein könnte.

Geldleistungen wie eine betriebliche Altersversorgung oder ein Fahrtkostenzuschuss fallen hingegen, genau wie Essens- und Tankgutscheine, nicht unter die Pflicht der Gleichbehandlung.

Arbeit auf Zeit – diese Pflichten bringt das Beschäftigungsverhältnis mit sich

Als Zeitarbeitnehmer wird man in den Betriebsablauf des Entleihers eingegliedert. Das hat zur Folge, dass für einen reibungslosen Ablauf auch bestimmte Pflichten gelten. Grundsätzlich heißt das, dass die entleihende Firma die Art und Ausführung der Arbeit bestimmen darf und der Leiharbeitnehmer an die Arbeitszeit des Entleihers gebunden ist. Als Zeitarbeitnehmer unterliegt man außerdem den arbeitsvertraglichen Nebenpflichten wie Verschwiegenheitspflicht und Sorgfaltspflicht. Außerdem hat der Leiharbeiter nicht nur seinem Arbeitgeber, also der Zeitarbeitsfirma, sondern auch dem Betrieb, in dem er eingesetzt ist, Krankheit und andere persönliche Verhinderungen unverzüglich mitteilen.

Versicherungen – auch für Zeitarbeiter wichtig

Leiharbeit schützt nicht vor einem Missgeschick. Damit dieses schnell und unkompliziert reguliert werden kann – unabhängig davon, ob der Schaden am Besitz des Entleihers oder seiner Kunden verursacht wurde, oder der Zeitarbeitnehmer selbst Geschädigter ist – stellt sich die grundlegende Frage, wer haftbar gemacht werden muss. In jedem Fall sollte die Zeitarbeitsfirma eine Haftpflichtversicherung inkl. Auswahlverschulden und Haftung des Zeitarbeiters gegenüber dem Entleiher sowie Dritten (z. B. Kunden des Entleihers) abgeschlossen haben. Liegt eine solche Betriebshaftpflichtversicherung nicht vor, haftet die Zeitarbeitsfirma nur für Schäden, die der Zeitarbeiter beim Entleiher oder dessen Kunden verursacht hat, wenn sie schuldhaft ungeeignete Leiharbeiter ausgewählt hat. Der Entleiher wiederum haftet dann für Schäden, wenn der Leiharbeiter qualifiziert genug für die Tätigkeit ist und von der Zeitarbeitsfirma entsprechend nach bestem Wissen ausgewählt wurde.

Für den Leiharbeitnehmer selbst empfiehlt sich eine Arbeitsrechtsschutzversicherung. Mit dieser sichert er sich beispielsweise gegen Streitigkeiten mit dem Arbeitgeber ab. Auch eine Berufshaftpflichtversicherung ist sinnvoll. Eine solche Versicherung greift, wenn der Arbeitgeber, also die Zeitarbeitsfirma, für einen Schaden aufkommen soll und deren Betriebshaftpflicht dann den Leiharbeiter in Regress nehmen will. Sie kann aber nur für bestimmte Berufsgruppen abgeschlossen werden. Welche das sind, ist von der jeweiligen Versicherung abhängig.

Equal Pay – gleiches Geld für gleiche Arbeit

Der Gleichbehandlungsgrundsatz ist gesetzlich festgeschrieben und gilt für alle. Er besagt unter anderem, dass Arbeitnehmer bei gleicher Tätigkeit gleich behandelt zu werden haben – unabhängig von Geschlecht, ethnischer Zugehörigkeit oder eben Beschäftigungsverhältnis. Ein Leiharbeitnehmer hat für die Dauer der Überlassung denselben Anspruch auf die Entlohnung, wie die Festangestellten des Betriebes in selber Funktion.

Häufig kommt dieser Gleichstellungsgrundsatz nicht zum Zug, da es innerhalb der Leiharbeitsbranche verbindliche Tarifverträge gibt, nach denen der Zeitarbeiter entlohnt wird – unabhängig davon, was die festangestellten Mitarbeiter des Entleihers verdienen.

Aufgepasst: Kündigungsschutz gilt auch für Leiharbeiter

In der Theorie ist es ganz klar definiert: Zeitarbeit ist im Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) geregelt. Der Kündigungsschutz nach dem Kündigungsschutzgesetz (KSchG) für den Leiharbeiter gilt sowohl der Leiharbeitsfirma gegenüber als auch in Bezug auf das Auftragsverhältnis der Zeitarbeitsfirma mit dem Entleiher.

Das bedeutet für den Leiharbeiter: Kündigt der Entleiher das Auftragsverhältnis mit der Leiharbeitsfirma, endet damit nur der Einsatz in diesem Betrieb. Das Arbeitsverhältnis zwischen dem Zeitarbeitnehmer und der Zeitarbeitsfirma besteht jedoch weiterhin und darf nicht nur deshalb aufgelöst werden, weil Auftragslücken vorliegen. Es gelten die allgemeinen Regeln zur Kündigung des Arbeitsvertrages durch den Arbeitgeber – also auch der allgemeine Kündigungsschutz. Leider nutzen viele Zeitarbeitsfirmen eine gesetzliche Schwachstelle. Denn der Kündigungsschutz greift erst nach sechs Monaten, ein Leiharbeitsverhältnis ist aber häufig auf drei Monate begrenzt.

Leiharbeit: Auf Lebenszeit in einem Unternehmen?

Wer als Leiharbeiter in einer neuen Firma eingesetzt wird, sich gut einarbeitet und einen zufriedenstellenden Job macht, kann dies leider nur zeitlich begrenzt praktizieren. Denn mit der Reform des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes (AÜG) hat der Gesetzgeber die Höchstüberlassungsdauer auf 18 Monate beschränkt. Spätestens dann muss ein durchgängiger Einsatz des Zeitarbeitnehmers bei demselben Entleiher enden.

Bis zu dieser Reform durfte Zeitarbeit "vorübergehend" erfolgen. Was "vorübergehend" jedoch bedeuten soll, sorgte immer wieder für gerichtliche Auseinandersetzungen. Erstmals greift die Überlassungshöchstdauer ab Oktober 2018. Entleiher sollten daher Einsatzzeiten prüfen, um Konsequenzen vorzubeugen. Im Ernstfall drohen Nachvergütungsansprüche, eine Nachzahlung der Beiträge zur Sozialversicherung sowie ein Bußgeld.

Es gibt jedoch Ausnahmen. Gem. § 1 Abs. 1b S. 3 AÜG kann die gesetzliche Höchstüberlassungsdauer des § 1 Abs. 1b S. 1 AÜG durch einen Tarifvertrag der Einsatzbranche abweichend geregelt, d.h. verkürzt oder verlängert werden. So urteilte das BAG in seiner Entscheidung vom 14. September 2022 – 4 AZR 83/21, dass sich eine tarifliche Regelung einer maximalen Überlassungsdauer von 48 Monaten im Rahmen der gesetzlichen Regelungen halte.

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