15.05.2023

Wegezeitentschädigung: Neue Regelungen und Berechnung für das Baugewerbe

Eine Stunde Fahrtzeit oder länger: Für viele Arbeitnehmende im Baugewerbe ist das Alltag. Baustellen gibt es überall, die An- und Abreise fällt unterschiedlich lang aus. Der Zeitaufwand wird im Rahmen der sogenannten Wegezeitentschädigung bezuschusst. Seit dem 1. Januar 2023 gelten neue Regeln. Welche das sind und welche konkreten Zuschüsse arbeitnehmende Personen erhalten, klärt dieser Beitrag.

Definition: Was ist Wegezeit?

Als Wegezeit wird die Zeit für die An- und Abfahrt einer arbeitnehmenden Person zur Baustelle bezeichnet.

Wegezeit gilt nicht als Arbeitszeit (§ 2 Abs. 1 ArbZG) und muss dementsprechend nicht vergütet werden.

Allerdings steht Arbeitnehmenden eine Entschädigung für die An- und Abfahrt zu einer Baustelle zu. Diese wird als Wegezeitentschädigung bezeichnet.

Lese-Tipp: Was zählt zur Arbeitszeit und was nicht?

Wann ist es Wegezeit, wann nicht? - Beispiele

Nicht immer ist die Unterscheidung offensichtlich, ob eine Fahrtzeit auch als Wegezeit gilt oder nicht. Zur Unterscheidung zwei Beispiele:

Beispiel 1: Kein Anspruch auf Wegezeitentschädigung

Ein Handwerksunternehmen setzt mehrere seiner Handwerker auf einer Baustelle ein. Ihre Arbeitszeit beginnt, wenn sie auf den Betriebshof kommen, wo sie sich treffen und gemeinsam zur Baustelle fahren. Sie sind jeweils länger als 8 Stunden nicht zuhause.

  • Die Fahrtzeit findet innerhalb der tariflichen bezahlten Arbeitszeit statt, deshalb haben die Handwerker keinen Anspruch auf eine Wegezeitentschädigung.

 

Beispiel 2: Anspruch auf Wegezeitentschädigung

Ein Handwerksunternehmen setzt Handwerker auf einer Baustelle ein. Ihre Arbeitszeit beginnt auf dem Bau selbst und nicht mit der Fahrt zur Baustelle. Sie sind jeweils länger als 8 Stunden nicht zuhause.

  • Sie haben einen Anspruch auf Wegezeitentschädigung, da die Fahrtzeit außerhalb der bereits vergüteten Arbeitszeit liegt.

Welche Regelungen gelten seit Januar 2023 für die Wegezeit?

Bereits seit längerem erhalten Arbeitnehmende als Entschädigung für ihre Wegezeit einen prozentualen Zuschlag i.H.v. 2,5 Prozent ihres Stundenlohns. Dieser wurde zum 1. Januar 2023 um einen neu geregelten Verpflegungszuschuss, eine Fahrtkostenabgeltung sowie eine neue Wegezeitentschädigung erweitert.

Arbeitnehmende, die nach der Arbeit abends wieder nach Hause fahren, haben Anspruch auf einen Verpflegungszuschuss. Dessen Höhe richtet sich ebenfalls nach der Entfernung vom Betrieb zur Arbeitsstelle.

Allerdings wird der Zuschuss nur gezahlt, sofern die beschäftigte Person aus beruflichen Gründen mindestens acht Stunden (vorher: 10 Stunden) von zuhause abwesend ist.

0 bis 50 km

51 bis 75 km

Ab 75 km

6 Euro pro Tag

7 Euro pro Tag

8 Euro pro Tag

Wissenswert: Wann die tägliche Heimfahrt als Arbeitszeit gewertet wird, erläutert unser Beitrag über das Arbeitsrecht auf Dienstreisen.

Arbeitnehmende, die nicht täglich nach Hause fahren und auf der Baustelle untergebracht sind, erhalten 24 Euro pro Tag. Befindet sich die Unterkunft außerhalb der Baustelle, liegt der Verpflegungszuschuss seit Januar 2023 bei 28 Euro täglich.

Im Rahmen der Fahrtkostenabgeltung erhalten Angestellte seit 2023 einen Zuschuss i.H.v. 0,20 € je gefahrenen Kilometer. Dieser Zuschuss ist auf 30 € pro Tag (vorher: 20 €) begrenzt und wird vom Betrieb nur gezahlt, sofern die beschäftigte Person ein eigenes Fahrzeug nutzt. Bei der Verwendung von öffentlichen Verkehrsmitteln zahlt der Betrieb die dafür notwendigen Kosten.

Hier nachlesen, wann man bei Arbeits-, Wege- und Freizeitunfällen unfallversichert ist.

Wegezeitentschädigung

Ist die Baustelle für eine tägliche Heimfahrt zu weit entfernt, erhalten Beschäftigte zukünftig eine Wegezeitentschädigung pro Fahrt. Hierbei gilt: Je weiter die An- bzw. Abreise, desto höher fällt der Zuschuss aus.

Die neue Wegezeitentschädigung steht Arbeitnehmenden zu, wenn:

  • sie auf einer Baustelle arbeiten, von der sie nicht täglich nach Hause fahren
  • diese Baustelle mindestens 75 km vom Betrieb entfernt ist
  • der normale Zeitaufwand für die Fahrt vom Wohnort zur Arbeitsstelle mehr als 75 Minuten beträgt

Wegezeitentschädigungen auf dem Bau: Berechnung

Die Höhe der Wegezeitentschädigung hängt von der Entfernung zwischen Betrieb und Baustelle ab.

75 bis 200 km

201 bis 300 km

301 bis 400 km

Ab 400 km

Ab 500 km

9 Euro

18 Euro

27 Euro

39 Euro

1 Tag Freistellung/Monat

Zur Berechnung der zurückgelegten Wegstrecke wird stets der kürzeste, mit einem PKW befahrbare öffentliche Weg zwischen Betrieb und Arbeitsstelle ermittelt.

Wichtig: Der Anspruch ist auf zwei Entschädigungen pro Woche sowie auf vom Betrieb angeordnete An- und Abreisen beschränkt.

Bei der Frage nach der Höhe der Wegezeitentschädigung kann es zum Streit zwischen Betrieb und Beschäftigten kommen. Eine kompetente Berufs-Rechtsschutzversicherung unterstützt Beschäftigte dabei, Ihre Ansprüche durchzusetzen.

Sind Wegezeitentschädigungen steuerfrei?

Eine Wegezeitentschädigung gilt steuer- und beitragsrechtlich als Einkommen und muss dementsprechend versteuert werden.

Der Verpflegungszuschuss hingegen wird während der ersten 3 Monate einer Beschäftigung am selben Einsatzort steuerfrei ausgezahlt und muss erst anschließend versteuert werden.

Rechtsschutztipp 

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