26.08.2019 – zuletzt aktualisiert am: 09.12.2021

Bildungsurlaub: Anspruch & Rechte für Arbeitnehmer

In der heutigen Arbeitswelt ist erlerntes Wissen schnell veraltet. Technische, organisatorische oder kommunikative Innovationen im beruflichen Umfeld erfordern von Arbeitnehmern eine kontinuierliche Weiterbildung bzw. Erweiterung der eigenen Kompetenzen. Um diesem Umstand gerecht zu werden, gibt es in der Bundesrepublik Deutschland den Bildungsurlaub. Doch was ist das genau, wer hat Anspruch auf Bildungsurlaub und wie wird dieser beantragt?

Was ist Bildungsurlaub?

Der Bildungsurlaub ist eine besondere Form des Urlaubs, welche der beruflichen, politischen oder kulturellen Weiterbildung dient. Er bietet Arbeitnehmern die Möglichkeit, sich bei voller Lohnzahlung gezielt in bestimmten Kompetenzbereichen fort- und weiterzubilden, ohne dafür eigene Urlaubstage oder Freizeit opfern zu müssen.

Übrigens: Der Begriff „Bildungsurlaub“ ist in Deutschland nicht einheitlich. Bildungsurlaub ist in anderen Bundesländern als auch als „Bildungszeit“, „Bildungsfreistellung“ oder „Arbeitnehmerweiterbildung“ bekannt.

Der Anspruch auf eine bezahlte Bildungsfreistellung ist im Übereinkommen Nr. 140 der Internationalen Arbeitsorganisation ILO aus dem Jahre 1974 geregelt. Dieses Abkommen verpflichtet die Unterzeichnerstaaten, eine bezahlte Bildungsfreistellung zum Zwecke der beruflichen, allgemeinen und politischen Bildung einzuführen.

Wer hat Anspruch auf Bildungsurlaub?

Grundsätzlich haben alle Arbeitnehmer in einem Bundesland mit Bildungsurlaubsgesetz Anspruch auf Bildungsurlaub. Bayern und Sachsen sind aktuell die einzigen Bundesländer, die ihren Arbeitnehmern keinen gesetzlichen Anspruch auf Bildungsurlaub einräumen.

Wichtig: In fünf Bundesländern müssen Kleinbetriebe ihren Mitarbeitern keinen Bildungsurlaub gewähren. Das gilt in Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg für Unternehmen mit weniger als 10 Beschäftigen und Sachsen-Anhalt, Thüringen und Rheinland-Pfalz für Betriebe mit weniger als 5 Mitarbeitern.

Wer zahlt den Bildungsurlaub?

Die Kosten für den Bildungsurlaub – also die Ausgaben für Lehrmittel, Anfahrt und Unterkunft – muss der Arbeitnehmer selbst tragen. Er kann diese in seiner Steuererklärung als Werbungskosten geltend machen.

Bildungsurlaub: Voraussetzungen

Anrecht auf Bildungsurlaub hat jeder Arbeitnehmer, der mindestens ein halbes Jahr in seinem Unternehmen beschäftigt ist. Erst nach dieser sogenannten Wartezeit kann ein Bildungsurlaub beantragt werden. Der gesetzliche Anspruch beträgt 5 Tage pro Kalenderjahr und kann bei Bedarf auf zwei Jahre – also 10 Kalendertage – ausgedehnt werden.

Weitere Voraussetzung: Die geplante Fortbildungsmaßnahme und/oder dessen Anbieter müssen gem. Arbeitnehmerweiterbildungsgesetz (kurz: AWbG) als Bildungsurlaub anerkannt sein. Einige Bundesländer verbinden die Anerkennung mit einer Relevanz für den Beruf des Arbeitnehmers. Regelmäßig anerkannt werden beispielsweise: Sprachkurse, IT-Fortbildungen und Rhetorik-Kurse.

Bildungsurlaub für Teilzeitkräfte

Auch Arbeitnehmer in Teilzeit haben Anspruch auf Bildungsurlaub – allerdings in reduziertem Maße. Begründung: Der Anspruch auf 5 Tage Bildungsurlaub pro Jahr gilt nur für Beschäftigte, die an fünf Tagen pro Woche arbeiten.

Bei Arbeitnehmern, die weniger Tage pro Woche arbeiten, verringert sich der Anspruch entsprechend. Arbeitet ein Beschäftigter beispielsweise nur an 3 Wochentagen, hat er einen Anspruch auf drei Tage Bildungszeit.

Wechselt die Zahl der wöchentlichen Arbeitstage, wird der individuelle Anspruch auf Bildungsurlaub im Verhältnis der wöchentlichen Arbeitszeit in Stunden zur Regelarbeitszeit bei Vollbeschäftigten ermittelt.

Bildungsurlaub für Auszubildende und Studierende

Für Dual-Studierende und Auszubildende gelten in vielen Bundesländern abweichende Regelungen. In Nordrhein-Westfalen und Hessen wird Bildungsurlaub beispielsweise nur dann gewährt, wenn es sich um eine politische Weiterbildung handelt. In Thüringen wird Azubis grundsätzlich nur 3 Tage Bildungsurlaub gewährt.

Die detaillierten Regelungen der einzelnen Bundesländer sind der Homepage des Deutschen Gewerkschaftsbundes zu entnehmen.

Bildungsurlaub für Beamte

Auch Beamte haben größtenteils Anspruch auf Bildungsurlaub. Dieser richtet sich ebenfalls nach dem Bundesland:

Bundesland

Anspruch auf Bildungsurlaub

Zeitraum

Baden-Württemberg, Schleswig-Holstein, Thüringen

Ja

5 Tage pro Jahr

Saarland

Ja

6 Tage pro Jahr

Mecklenburg-Vorpommern, Rheinland-Pfalz,

 

Ja

10 Tage in 2 Jahren

Berlin, Bremen, Hamburg, Hessen, Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen, Sachsen-Anhalt

Ja, möglich durch Sonderurlaub

 

Bayern, Brandenburg, Sachsen

 

Nein

 

Bildungsurlaub für Senioren

Rentner hingegen haben leider keinen gesetzlichen Anspruch auf Bildungsurlaub.

Bildungsurlaub: Die Regelungen der einzelnen Bundesländer

Nahezu alle Bundesländer verfügen über gesetzliche Regelungen, welche den Anspruch auf Bildungsurlaub sowie die Länge der Weiterbildungszeit festlegen. Lediglich in Bayern und Sachsen sind Arbeitnehmer bei einem Antrag auf Bildungsurlaub auf die Kulanz ihres Arbeitgebers angewiesen.

Bundesland

Anspruch Arbeit-nehmer

Möglicher Bildungs-urlaub

Anspruch
Azubis

Baden-Württemberg

Ja

Bis zu 5 Tage pro Jahr

Ja, 5 Tage für politische Weiterbildung und Qualifizierungsmaßnahmen im ehrenamtlichen Bereich

Berlin

Ja

10 Tage innerhalb von 2 Jahren

Ja, ausschl. polit. Bildung

Brandenburg

Ja

10 Tage innerhalb von 2 Jahren

Ja

Bremen

Ja

10 Tage innerhalb von 2 Jahren

Ja

Hamburg

Ja

10 Tage innerhalb von 2 Jahren

Ja

Hessen

Ja

5 Tage pro Jahr

Ja, aber keine berufliche Weiterbildung

Mecklenburg-Vorpommern

Ja

10 Tage innerhalb von 2 Jahren

Ja, 5 Tage für politische Weiterbildung und Qualifizierungsmaßnahmen im ehrenamtlichen Bereich

Niedersachsen

Ja

5 Tage pro Jahr

Ja

Nordrhein-Westfalen

Ja

5 Tage pro Jahr

Ja, ausschl. polit. Bildung

Rheinland-Pfalz

Ja

10 Tage innerhalb von 2 Jahren

Ja, ausschl. polit. Bildung

Saarland

Ja

6 Tage pro Jahr

Ja

Sachsen-Anhalt

Ja

5 Tage pro Jahr

Ja

Schleswig-Holstein

Ja

5 Tage pro Jahr

Ja

Thüringen

Ja

5 Tage pro Jahr

Ja, 3 Tage pro Jahr

Bayern

Nein

-

-

Sachsen

Nein

-

-

Bildungsurlaub: die Anerkennung von Sprachreisen

Sprachreisen stellen eine Besonderheit des Bildungsurlaubs dar. Zwar klingt es verlockend, eine Sprache dort zu lernen, wo man sie spricht, doch nicht alle Bundesländer erkennen Sprachreisen als Bildungsfreistellung an. So sind in NRW Sprachbildungsurlaube im Ausland nur in einem Radius von bis zu 500 km von der Landesgrenze NRWs möglich, Bremen erkennt nur europäische Sprachen an, welche jedoch weltweit gelernt werden können.

Um auf Nummer sicher zu gehen, sollten Arbeitnehmer bei einem interessanten Kursangebot zunächst nach der Anerkennung fragen. Viele Sprachreise-Anbieter sind mit den entsprechenden Formalitäten vertraut und schicken die benötigten Unterlagen per Post zu.

Checkliste: Wie beantragt man Bildungsurlaub?

Schritt 1: Anspruch für Bildungsurlaub prüfen

Arbeitnehmer, die einen Bildungsurlaub beantragen möchten, müssen sich zunächst vergewissern, ob in ihrem Bundesland ein entsprechendes Bundesurlaubsgesetz existiert. Entscheidend ist hierbei der Ort des Arbeitsplatzes, nicht der Wohnsitz. Zusätzlich gilt es zu prüfen, wie viele freie Tage der gesetzliche Anspruch auf Bildungsurlaub umfasst.

Schritt 2: Eine geeignete Veranstaltung für den Bildungsurlaub finden

Ausschlaggebend bei der Kurswahl ist, dass der Bildungsträger oder die Veranstaltung im Sinne des Weiterbildungsgesetzes anerkannt ist. Viele Bundesländer bieten eigene Bildungsdatenbanken und Listen anerkannter Seminare an. Im Zweifel sollten Arbeitnehmer eine entsprechende Bestätigung des Veranstalters einholen, um Unstimmigkeiten mit dem Arbeitgeber zu vermeiden. Grundsätzlich gilt: Der Bildungsurlaub ist nicht auf die berufliche Weiterbildung beschränkt. Auch die politische oder kulturelle Weiterbildung wird in Deutschland gefördert.

Schritt 3: Den Arbeitgeber über den Bildungsurlaub informieren

Arbeitgeber müssen ihren Bildungsurlaub stets im Voraus beantragen. Die Regelungen zu den Antragsfristen unterscheiden sich je nach Bundesland. In der Regel beträgt die Antragsfrist zwischen vier und acht Wochen. Wichtig: Eine rechtzeitige und korrekte Freistellung muss vom Arbeitgeber genehmigt werden. Lediglich, wenn dringende betriebliche Gründe dagegen sprechen, kann der Arbeitgeber die Freistellung verweigern. Dazu zählen beispielsweise Personalengpässe oder die unverzichtbare Anwesenheit des Arbeitnehmers aufgrund eines wichtigen Auftrags oder Projekts. Im Falle einer unberechtigten Ablehnung der Freistellung hilft eine zuverlässige Berufs-Rechtsschutzversicherung, den Anspruch auf Bildungsurlaub durchzusetzen.

Kann Bildungsurlaub übertragen werden?Der Bildungsurlaub wurde wegen wichtigen Gründen abgelegt und leider findet der gewünschte Kurs erst zu einem späteren Zeitpunkt statt. Doch kann der Bildungsurlaub ins nächste Jahr übertragen werden? Ja ­– der Anspruch auf Bildungsurlaub kann in das nächste Kalenderjahr geschoben werden. Dies geht in diesem Fall aber nur, wenn die Freistellung für den Bildungsurlaub vom Arbeitgeber abgelehnt oder widerrufen wurde

Zudem besteht oft die Möglichkeit, dass der Anspruch für den Bildungsurlaub zusammenhängend genommen wird. So ist es für Arbeitnehmer möglich, dass Sie beispielsweise einen 10-tägigen Kurs oder zwei verschiedene Kurse hintereinander besuchen können – diese müssen dann allerdings inhaltlich einen Zusammenhang haben.

Wichtig: Damit der Bildungsurlaub übertragen werden kann, bedarf es einer schriftlichen Erklärung gegenüber dem Arbeitgeber. Geschieht dies nicht, verfällt der Anspruch meistens leider.

Ausnahmen bestätigen die Regel: Allerdings gilt diese Regelung nicht für alle Bundesländer. Deshalb ist es sehr wichtig, sich über die verschiedenen Bedingungen des Bundeslandes zu informieren:

Bundesland

Bildungsurlaub übertragen: Gesetzliche Regelung

Baden-Württemberg

Keine Übertragung auf das nächste Jahr oder Zusammenfassen möglich. Anspruch verfällt am Ende des Jahres.

Bayern

Keinen Anspruch für Arbeitnehmer auf Bildungsurlaub.

Berlin

Übertragung möglich: Zehn Tage Bildungsurlaub können im Zeitraum von zwei Jahren genommen werden, sofern an fünf Tagen in der Woche gearbeitet wird.
 

Brandenburg

Übertragung möglich: Zehn Tage Bildungsurlaub können im Zeitraum von zwei Jahren genommen werden, sofern an fünf Tagen in der Woche gearbeitet wird.

Bremen

Übertragung möglich: Zehn Tage Bildungsurlaub können im Zeitraum von zwei Jahren genommen werden, sofern an fünf Tagen in der Woche gearbeitet wird.

Hamburg

Übertragung möglich: Zehn Tage Bildungsurlaub können im Zeitraum von zwei Jahren genommen werden, sofern an fünf Tagen in der Woche gearbeitet wird.

Hessen

Übertragung möglich: Nicht genutzter Anspruch kann auf das folgende Jahr übertragen werden. Schriftliche Erklärung gegenüber dem Arbeitgeber erforderlich.

Mecklenburg-Vorpommern

Keine Übertragung auf das nächste Jahr oder Zusammenfassen möglich. Anspruch verfällt am Ende des Jahres.

Niedersachsen

Übertragung möglich: Zehn Tage Bildungsurlaub können im Zeitraum von zwei Jahren genommen werden.

Nordrhein-Westfalen

Übertragung möglich: Nicht genutzter Anspruch kann auf das folgende Jahr übertragen werden. Schriftliche Erklärung gegenüber dem Arbeitgeber erforderlich. Damit besteht die Möglichkeit, 10-tägige Seminare zu besuchen oder zwei 5-tägige Seminare, die inhaltlich aufeinander aufbauen.

Rheinland-Pfalz

Übertragung möglich: Nicht genutzter Anspruch kann auf das folgende Jahr übertragen werden. Schriftliche Erklärung gegenüber dem Arbeitgeber erforderlich.

Saarland

Keine Übertragung auf das nächste Jahr möglich. Zusammenfassen ist nur im Falle einer Zustimmung durch den Arbeitgeber gestattet.

Sachsen

Keinen Anspruch für Arbeitnehmer auf Bildungsurlaub.

Sachsen-Anhalt

Übertragung möglich: Zehn Tage Bildungsurlaub können im Zeitraum von zwei Jahren genommen werden. Es wird keine schriftliche Erklärung benötigt.

Schleswig-Holstein

Übertragung und Zusammenfassung möglich: Zehn Tage Bildungsurlaub können im Zeitraum von zwei Jahren genommen werden. Eine schriftliche Erklärung wird benötigt.

Thüringen

Übertragung möglich, wenn der Bildungsurlaub abgelehnt oder widerrufen wurde. Allerdings kann der Anspruch aus den zwei Jahren nicht zusammengefasst werden.

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