24.07.2019 – zuletzt aktualisiert am: 13.09.2021

Arbeitsschutzgesetz bei Hitze: Welche Temperaturen am Arbeitsplatz sind zulässig?

Hohe Temperaturen und das Arbeiten bei Hitze wirken sich schnell auf unsere Konzentrations- und Leistungsfähigkeit aus. Aber was sagt das Arbeitsschutzgesetz zur Hitze am Arbeitsplatz? Ab wann ist es zu heiß zum Arbeiten? Muss der Arbeitgeber Hitzefrei geben?Welche Maßnahmen Arbeitgeber im Hochsommer treffen müssen und welche Rechte Beschäftigte haben, klärt dieser Artikel.

Hitze am Arbeitsplatz: Eine Herausforderung für Arbeitnehmer

Strahlender Sonnenschein, Temperaturen jenseits der 25 Grad und kein Wölkchen am Himmel – was in der sommerlichen Freizeit als angenehm empfunden wird, kann während der Arbeitszeit stören. Hohe Temperaturen am Arbeitsplatz beeinträchtigen die Konzentration und stellen unter Umständen sogar ein Gesundheitsrisiko dar. Doch wie genau sieht der Arbeitsschutz bei Hitze aus?

Zulässige Temperaturen im Büro: Was das Arbeitsschutzgesetz bei Hitze vorschreibt

Gesetzliche Vorschriften über einzuhaltende Temperaturen am Arbeitsplatz existieren in Deutschland nicht. Der § 618 Abs. 1 BGB verpflichtet Arbeitgeber lediglich dazu, Räume, Vorrichtungen und Gerätschaften zur Arbeitsleistung so einzurichten und zu unterhalten, dass Arbeitnehmer gegen eine Gefahr für Gesundheit und Leben bestmöglich geschützt sind.

Präzisere Regelungen sind in der Arbeitsstättenordnung, kurz ArbStättVO, zu finden. Gemäß § 3 Abs. 1 ArbStättVO muss in Arbeitsräumen zwingend eine „gesundheitlich zuträgliche Temperatur“ bestehen. Die Arbeitsstättenregel ASR A3.5 konkretisiert diese Temperatur wie folgt:

  • Die Lufttemperatur soll in Arbeits- und Sozialräumen 26 °C nicht überschreiten, andernfalls sind die Räume mit geeigneten Sonnenschutzsystemen vom Arbeitgeber auszurüsten.
  • Grundsätzlich ist der Arbeitgeber verpflichtet, tätig zu werden, wenn die Lufttemperatur im Raum 30 °C übersteigt. Dann muss der Arbeitgeber wirksame Maßnahmen ergreifen, um die Belastung der Mitarbeiter zu reduzieren
  • Erreicht die Räumlichkeiten ein Temperaturanstieg auf über 35 °C sind diese als Arbeitsraum nicht mehr geeignet. Arbeiten bei solchen Bedingungen ist nur dann zulässig, wenn Maßnahmen wie bei sogenannten Hitzearbeitsplätzen ergriffen werden, zum Beispiel, wenn Luftduschen und/oder Entwärmungsphasen zum Einsatz kommen.
  • Der Arbeitsschutz leitet daraus ab, dass bei einer Temperatur am Arbeitsplatz von 27-29°C eine Arbeitszeit von höchstens 6 Stunden zulässig ist, bei 29-31 °C höchstens 4 Stunden und bei 31-35 °C nur noch in Ausnahmefälle gearbeitet werden darf.

 

Hitze im Büro: Das können Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer tun

Gemäß § 618 Abs. 1 BGB i.V.m. der ASR 3.5 ist ein Arbeitgeber dazu verpflichtet, ausreichende Schutzmaßnahmen vorzunehmen, um zu gewährleisten, dass für den Arbeitnehmer am Arbeitsplatz kein gesundheitliches Risiko besteht. Aus dieser Pflicht leitet sich für den Arbeitnehmer das Recht ab, vom Arbeitgeber Maßnahmen gegen Hitze am Arbeitsplatz zu verlangen, beispielsweise die Montage von Jalousien oder die Installation von Ventilatoren.

Zusätzlich sind Arbeitnehmer berechtigt, dem Arbeitgeber gemäß § 17 ArbSchG Vorschläge zu Fragen der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes, beispielsweise der Installation einer Klimaanlage oder wärmedämmender Fenster, zu machen. Der Arbeitgeber ist per Gesetz verpflichtet, diese Vorschläge zu prüfen und ggf. umzusetzen. Ignoriert der Arbeitgeber das Anliegen des Arbeitnehmers, kann sich dieser, ohne Nachteile befürchten zu müssen, an das zuständige Arbeitsschutzamt wenden. Eine zuverlässige Berufs-Rechtsschutzversicherung hilft Betroffenen bei der Durchsetzung ihrer Ansprüche.

Gibt es Hitzefrei für Arbeitnehmer?

Grundsätzlich gilt: Wem zu heiß wird, der darf weder eigenmächtig nach Hause gehen noch ohne Absprache technische Vorkehrungen zur Reduzierung der Temperatur am Arbeitsplatz treffen. Ein automatischer Anspruch auf Arbeitsbefreiung oder eine Verkürzung der Arbeitszeit bei hohen Temperaturen besteht für Arbeitnehmer per Gesetz also nicht.

Das Arbeitsschutzgesetzt gibt jedoch bestimmte Maßnahmen und Regeln vor, an die sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer halten sollten, um das Arbeiten bei hohen Temperaturen so angenehm wie möglich zu machen.

Hitze am Arbeitsplatz: Die Tätigkeit muss beachtet werden

Nicht zu vergessen: Die Temperatur am Arbeitsplatz sollte immer auch an der Tätigkeit und der Arbeitsschwere gemessen werden. Bei besonders schwerer Arbeit ist der Mindestwert der Lufttemperatur demnach niedriger. Doch was ist „schwere“ Arbeit und was zählt zu „leichter Arbeit“?

  • Leichte Arbeit: Hierzu zählen ruhige Sitz- oder Stehhaltungen (inbegriffen ist gelegentliches Gehen) sowie leichte Bewegungen mit der Hand und den Armen.
  • Mittlere Arbeit: Hier werden mittelschwere Arm- oder Beinarbeiten im Sitzen, Gehen oder Stehen absolviert.
  • Schwere Arbeit: Hierzu zählen Beschäftigungen, die Hände, Arme, Beine oder Rumpf belasten, und im Gehen oder Stehen ausgeführt werden.

 

Hohe Temperaturen: Was Arbeitgeber für Arbeitnehmer tun können

Besonders in Betriebsstätten ohne Klimaanlage kann es im Sommer sehr warm werden. Welche Maßnahmen gegen Hitze am Arbeitsplatz können Arbeitgeber dann umsetzen? Folgende Maßnahmen helfen dabei, die Hitze am Arbeitsplatz erträglicher zu machen:

  • Getränke sollten gestellt werden
  • Montage von Jalousien
  • Bereitstellung oder Installation von Ventilatoren
  • Arbeitszeiten anpassen, z.B. Arbeitsbeginn auf die frühen Morgenstunden verlegen
  • Lüften über Nacht möglich machen
  • Lockerung der Bekleidungsregeln

 

Hitze am Arbeitsplatz: Ausnahmefälle bei hohem gesundheitlichem Risiko

Lediglich in absoluten Ausnahmefällen sind Arbeitnehmer bei hohen Temperaturen am Arbeitsplatz berechtigt, ihre Arbeitsleistung gemäß § 273 BGB zurückzubehalten und die Arbeit einzustellen. Trifft der Arbeitgeber keinerlei oder lediglich unzureichende Maßnahmen zum Schutz vor den Temperaturen und stellt die Weiterarbeit unter diesen Umständen für den Arbeitnehmer ein konkretes Gesundheitsrisiko dar, darf dieser die Arbeit unter unvermindertem Entgeltanspruch einstellen.

Doch Obacht: Die Beweispflicht liegt beim Arbeitnehmer. Dieser muss im Zweifel die konkrete Gesundheitsgefährdung durch die zu hohe Raumtemperatur nachweisen. Sollte der Arbeitnehmer die Situation falsch einschätzen und die Arbeit demzufolge grundlos einstellen, muss dieser neben dem Entgeltverlust mit arbeitsrechtlichen Konsequenzen in Form einer Abmahnung oder einer Kündigung  rechnen.

Arbeitsschutzgesetz bei Hitze: Sonderregelungen für Schwangere und stillende Mütter

Für Schwangere und stillende Mütter gelten gemäß § 11 Abs. 3 Nr. 3 des Mutterschutzgesetzes Sondervorschriften. Darin heißt es:

„Der Arbeitgeber darf eine schwangere Frau keine Tätigkeiten ausüben lassen und sie keinen Arbeitsbedingungen aussetzen, bei denen sie physikalischen Einwirkungen in einem Maß ausgesetzt ist oder sein kann, dass dies für sie oder für ihr Kind eine unverantwortbare Gefährdung darstellt.“

Um hohe Temperaturen am Arbeitsplatz als eine solche Gefährdung einzustufen, bedarf es eines ärztlichen Attestes, welches die Einhaltung einer bestimmten Temperatur auf der Arbeit verlangt. Ist es dem Arbeitgeber nicht möglich, diese zu gewährleisten oder die Beschäftigung der Arbeitnehmerin in einen Raum zu verlegen, der den Anforderungen entspricht, hat er die Arbeitnehmerin von der Arbeit freizustellen.

Hitze am Arbeitsplatz: Betriebsrat steht Arbeitnehmern unterstützend zur Seite

Bei unzumutbaren Temperaturen am Arbeitsplatz sollten Arbeitnehmer den Betriebsrat ihres Unternehmens kontaktieren. Dieser kann gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG selbständig tätig werden und vom Arbeitgeber den Abschluss einer Betriebsvereinbarung zum Thema „Temperaturen am Arbeitsplatz“ verlangen. Zeigt sich der Arbeitgeber uneinsichtig, hat der Betriebsrat die Möglichkeit, unter Einschaltung einer Einigungsstelle eine Entscheidung herbeizuführen, welche für den Arbeitgeber bindend ist.

Was tun bei Hitzeerschöpfung?

Durch das starke Schwitzen verliert der Körper viel Flüssigkeiten und Salze, was für den Körper eine enorme Belastung darstellt. Erleidet der Arbeitnehmer oder Arbeitgeber unter den hohen Temperaturen eine Hitzeerschöpfung, sollte schnell gehandelt werden:

  • Raus aus der Hitze: die betroffene Person sollte sofort an einen kühleren Ort gebracht werden.
  • Schocklage einnehmen: der Betroffene sollte sich auf den Rücken legen und die Beine höher als Herz lagern.
  • Abkühlen:  feuchte Tücher auf die Arme, Beine und den Nacken senken die Körpertemperatur ab
  • Getränke reichen: dem dehydrierten Betroffenen sollten Getränke angeboten werden, um fehlende Flüssigkeit zuzuführen.
  • Arzt kontaktieren: Verbessert sich der Zustand nicht, sollte schnellstmöglich ein Arzt kontaktiert werden.

Rechtsschutztipp 

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