17.06.2021

Nießbrauch und Wohnrecht: Was ist der Unterschied?

Vererben oder verschenken? Wer eine Immobilie besitzt, steht irgendwann vor der Frage, was mit dieser nach dem Tode passieren soll. Häufig wird eine Immobilie bereits zu Lebzeiten verschenkt. Der Schenkende sorgt dabei in der Regel für die eigene Zukunft vor – wahlweise in Form eines Wohnrechts oder eines Nießbrauchrechts. Doch was genau verbirgt sich hinter den beiden Begriffen? Welche Rechte und Pflichten ergeben sich für Eigentümer und Berechtigte und wie werden ein Wohnrecht bzw. Nießbrauch versteuert? Dieser Artikel beantwortet die wichtigsten Fragen.

Definition Nießbrauch vs. Wohnrecht: Das sind die Unterschiede

Das Wohnrecht gem. § 1093 BGB berechtigt Menschen, eine Immobilie zu bewohnen, ohne selbst Eigentümer dieser Immobilie zu sein. Dieses Recht darf nur der Begünstigte selbst ausüben. Es muss ins Grundbuch eingetragen werden und bleibt auch bei einem Hausverkauf vollumfänglich bestehen. Das bedeutet: Käufer einer Immobilie müssen den Grundbucheintrag und das damit verbundene Wohnrecht akzeptieren – sogar dann, wenn es auf Lebenszeit vereinbart wurde. Weiterführende Informationen zum Wohnrecht auf Lebenszeit liefert dieser Artikel.

Der sogenannte Nießbrauch gem. § 1068 BGB ist deutlich umfangreicher, denn er gestattet dem Berechtigten nicht nur, in einer Immobilie zu wohnen, sondern aus dieser auch Nutzen zu ziehen (Nutzrecht). Der Nießbrauch räumt dem Berechtigten beispielsweise das Recht ein, die Immobilie zu vermieten und die Mieteinnahmen zu behalten. Allerdings darf der Nießbraucher die Immobilie nicht mehr vererben oder verkaufen, da er zwar das wirtschaftliche Nutzungsrecht behält, jedoch kein Eigentümer mehr ist.

Nießbrauch: Pflichten für Nießbraucher und Eigentümer

Zwar darf der Nießbraucher die Immobilie nutzen, er übernimmt mit dem Nießbrauchrecht jedoch auch Pflichten. So muss er:

  • die Immobilie versichern
  • Kosten für Ausbesserungen und Renovierungen übernehmen, welche zur gewöhnlichen Unterhaltung zählen
  • den Nießbrauch erhalten, das bedeutet, dieser darf weder verkauft noch mit einem weiteren Nießbrauchrecht belastet werden

 

Der Eigentümer hingegen muss außergewöhnliche Unterhaltungskosten, wie beispielsweise die Kosten für eine Modernisierung der Heizung, tragen und für Anlieger- bzw. Erschließungsbeiträge aufkommen. Gleichzeitig behält der Eigentümer das Verfügungsrecht. Er kann den Nießbrauchsgegenstand jederzeit und ohne Einwilligung des Nießbrauchers verkaufen.

Wird andererseits das Nießbrauchsrecht durch Dritte oder den Eigentümer beeinträchtigt, kann der Nießbrauchberechtigte sein Nutzrecht rechtlich durchsetzen. Eine zuverlässige Mietrechtsschutzversicherung hilft bei der Suche nach einem kompetenten Anwalt.

Sonderfälle des Nießbrauchs

Wie oben erwähnt können Nießbraucher und Eigentümer die Rahmenbedingungen des Nießbrauchs individuell vereinbaren. So ist es beispielsweise möglich, dass der Nießbraucher nicht für die Kosten und Lasten der Immobilie sowie deren Erhaltung aufkommen muss (Bruttonießbrauch) oder der vorige Eigentümer die Immobilie an einen Dritten überträgt, jedoch weiterhin die Kosten für Erneuerungsarbeiten oder andere außerordentliche Lasten übernimmt (Nettonießbrauch).

Nießbrauch festlegen: So funktioniert es

Um einen Nießbrauch festzulegen, ist ein sogenannter Nießbrauchvertrag zu schließen. Dieser kann zwischen Eigentümer und Nießbraucher individuell gestaltet werden, sollte jedoch unbedingt folgende Angaben enthalten:

  • Daten des Eigentümers und Nießbrauchers
  • Gegenstand, Berechtigungen und Rechtseinräumungen
  • Dauer der Rechtseinräumungen
  • Verteilung der anfallenden Kosten

 

Anschließend ist der Vertrag notariell beurkunden zu lassen und das Grundbuchamt über das vereinbarte Nutzungsrecht zu informieren. Das Grundbuchamt trägt den Eigentumswechsel sowie den Nießbrauch in das Grundbuch ein. Erst dann entfaltet das Nießbrauchsrecht seine Wirkung – auch gegenüber Dritten.

Hinweis: Zwar muss der Nießbrauch nicht zwangsläufig in das Grundbuch eingetragen werden, jedoch kann das Nießbrauchsrecht ohne Grundbucheintrag leichter angefochten werden. Denn: Der Nießbraucher hat lediglich ein Recht gegenüber seinem Vertragspartner, nicht jedoch gegenüber einem späteren Eigentümer (beispielsweise bei einem Verkauf der Immobilie).

Wie wird ein Nießbrauch steuerlich behandelt?

Sowohl das Wohnrecht als auch der Nießbrauch stellen einen Geldwert bzw. eine Vermögensübertragung dar, auf welche das Finanzamt Steuern erhebt. Der Wert des Wohnrechts bzw. Nießbrauchs ergibt sich aus der Jahreskaltmiete multipliziert mit dem sogenannten Kapitalwert.

Ein Beispiel: Frau Müller ist 75 Jahre alt, hat ihrer Tochter ihr Haus überschrieben und sich ein Nießbrauchrecht an der Immobilie gesichert. Die Kaltmiete für das Haus beträgt 5.000 Euro jährlich, der Kapitalwert liegt laut Tabelle des Bundesfinanzministeriums bei 9,4. Folglich beläuft sich der Wert des Nießbrauchs auf 47.000 Euro.

Wichtig: Die Jahreskaltmiete darf nicht größer sein als der Verkehrswert der Immobilie geteilt durch 18,6. Ist dies der Fall, wird der Verkehrswert zunächst durch 18,6 geteilt und anschließend mit dem Kapitalwert multipliziert, um den Wert des Nießbrauchs zu ermitteln.

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