21.05.2020

Kündigung von Auszubildenden nach der Probezeit – Diese Voraussetzungen müssen erfüllt sein

Die Probezeit ist eine Kennenlernphase. Ausbildungsbetrieb und Azubi haben die Möglichkeit, sich gegenseitig zu beschnuppern – und die Zusammenarbeit jederzeit und ohne Angabe von Gründen zu beenden. Doch was gilt nach Ablauf der Probezeit? Ist eine Kündigung durch den Arbeitgeber bzw. den Azubi möglich? Welche Voraussetzungen müssen gegeben sein und in welchen Fällen besteht Anspruch auf Schadenersatz?

Kündigung nach der Probezeit: Die aktuelle Rechtslage

Kündigung durch den Ausbildungsbetrieb

Gemäß § 22 Abs. 2 Nr. 2 Berufsbildungsgesetz (kurz: BBiG) kann ein Ausbildungsverhältnis nach Ablauf der Probezeit vom Ausbildungsbetrieb nur noch aus wichtigem Grund fristlos gekündigt werden. Ein wichtiger Grund ist immer dann gegeben, wenn dem Arbeitgeber unter Abwägung der Interessen beider Vertragsparteien die Fortsetzung des Ausbildungsverhältnisses bis zum Ablauf der Ausbildungszeit nicht zuzumuten ist. Dies ist beispielsweise in folgenden Fällen zu bejahen:

  • Dem Azubi wird ein sexueller Übergriff im Unternehmen nachgewiesen.
  • Der Auszubildende ist schwer drogenabhängig.
  • Der Azubi droht Vorgesetzten oder Kollegen ernsthaft Gewalt an.
  • Der Auszubildende verbreitet rassistische Parolen.
  • Der Azubi täuscht nachweislich eine Arbeitsunfähigkeit vor.

 

In weniger schweren Fällen ist eine fristlose Kündigung nur dann wirksam, wenn andere Erziehungsmittel – beispielsweise eine Abmahnung – nicht zum Erfolg geführt haben.

Hinweis: Erfolgt die Kündigung gegenüber einem minderjährigen Auszubildenden, wird die Kündigung gem. § 131 Abs. 2 BGB erst dann wirksam, wenn sie seinem gesetzlichen Vertreter zugeht.

Kündigung durch den Auszubildenden

Auch der Auszubildende kann das Ausbildungsverhältnis nach Ablauf der Probezeit kündigen. Eine ordentliche Kündigung ist mit einer Kündigungsfrist von vier Wochen und unter Angabe eines Grundes möglich. Für eine außerordentliche (fristlose) Kündigung muss der Auszubildende eine schwere Pflichtverletzung des Arbeitgebers thematisieren, welche dem Azubi die Fortsetzung des Ausbildungsverhältnisses unzumutbar macht. Mögliche schwere Pflichtverletzungen sind:

 

Hinweis: Eine schwere Pflichtverletzung des Arbeitgebers liegt nur dann vor, wenn der Ausbilder diese nicht oder nur langfristig beheben kann oder wenn die Pflichtverletzung nach allgemeiner Ansicht absolut unzumutbar ist (z.B. sexuelle Belästigung oder extremes Mobbing).

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Nach Probezeit kündigen: Sonderfälle – Verdachtskündigung und Berufswechsel

Besteht der dringende Verdacht einer schwerwiegenden Pflichtverletzung des Auszubildenden, kann der ausbildende Betrieb das Ausbildungsverhältnis gem. § 22 Abs. 2 Nr. 1 BBiG ebenfalls kündigen. Die sogenannte Verdachtskündigung ist möglich, wenn dem Arbeitgeber unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Ausbildungsverhältnisses die Fortsetzung des selbigen objektiv unzumutbar ist (vgl.: Bundesarbeitsgericht, Urteil v. 12.2.2015, Az.: 6 AZR 845/13).

Im Gegensatz zum Arbeitgeber, der nach Ablauf der Probezeit nur noch aus wichtigem Grund oder bei einem dringen Verdacht kündigen kann, steht Auszubildenden gem. § 22 Abs. 2 Nr. 2 BBiG auch eine ordentliche Kündigung wegen Berufswechsel oder -aufgabe offen. So kann ein Azubi mit einer Kündigungsfrist von 4 Wochen schriftlich kündigen, wenn er die Ausbildung gänzlich aufgibt oder in einen anderen Ausbildungsberuf wechseln möchte. Eine ordentliche Kündigung ist jedoch nicht zulässig, wenn der Azubi nur den Betrieb wechseln möchte, dabei jedoch im gleichen Ausbildungsberuf verbleibt.

Kündigung des Ausbildungsvertrages: Schadenersatz möglich

Wird das Ausbildungsverhältnis nach der Probezeit vorzeitig aufgelöst, haben der Ausbilder oder der Auszubildende Anspruch auf Schadenersatz – sofern die andere Partei den Grund für die Auslösung zu vertreten hat. Die gesetzliche Grundlage bildet § 23 Abs. 1 S. 1 BBiG.

Auflösung Ausbildungsvertrag: Schlichtungsverfahren in einigen Berufszweigen vorgeschrieben

Für Streitigkeiten aus Berufsbildungsverhältnissen sind gem. § 5 Abs. 1 S. 1 ArbGG die Arbeitsgerichte zuständig. Allerdings sind nach § 111 Abs. 2 ArbGG in einigen Berufszweigen Schlichtungsausschüsse eingerichtet. Bevor es zur eventuellen Erhebung einer Kündigungsschutzklage kommen kann, muss in diesen Branchen gem. § 111 Abs. 2 S. 5 ArbGG zwingend ein Schlichtungsverfahren durchgeführt werden. Andernfalls wird die Kündigungsschutzklage als unzulässig abgewiesen. Hinweis: Gemäß § 111 Abs. 2 ArbGG kann der Mangel der Nichtanrufung des Schlichtungsausschusses geheilt werden, wenn das Schlichtungsverfahren nachgeholt wird.

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