30.01.2020 – zuletzt aktualisiert am: 08.05.2023
Pflicht zum Elternunterhalt: Bedingungen, Höhe, Selbstbehalt

Pflegekosten in Deutschland sind hoch. Reicht die gesetzliche Pflegeversicherung in Kombination mit der Rente nicht aus, um Pflege und Lebensunterhalt zu finanzieren, haben Eltern unter Umständen Anspruch auf Unterhaltszahlungen ihrer Kinder – den sogenannten Elternunterhalt. Doch ab wann sind Kinder zur Zahlung verpflichtet? Welcher Selbstbehalt steht ihnen zu und wie sieht es mit der eigenen Altersvorsorge aus? Dieser Artikel beantwortet die wichtigsten Fragen rund um das Thema Elternunterhalt.
Unterhalt für Eltern: Wer ist zum Elternunterhalt verpflichtet?
Die Pflicht zum Elternunterhalt ist in § 1601 des Bürgerlichen Gesetzbuches (kurz: BGB) geregelt. Darin heißt es:
„Verwandte in gerader Linie sind verpflichtet, einander Unterhalt zu gewähren.“
Diese Pflicht ergibt sich, sobald diese Voraussetzungen gegeben sind:
1. Der Unterhaltsberechtigte ist bedürftig i.S.d. § 1602 BGB
2. Der Unterhaltspflichtige ist ausreichend leistungsfähig i.S.d. § 1603 BGB
Das bedeutet: Erst, wenn Eltern tatsächlich bedürftig sind und die Kinder für deren Unterhalt aufkommen können, muss Elternunterhalt gezahlt werden.
Sind mehrere Kinder mit ausreichendem Einkommen vorhanden, haften diese gem. § 1606 Abs. 3 BGB anteilig. Die Anteilshöhe richtet sich nach den jeweiligen Einkommens- und Vermögensverhältnissen der Kinder unter Berücksichtigung des Selbstbehalts. Übernimmt ein Kind allein den Elternunterhalt, obwohl seine Geschwister über ausreichend Einkommen und/oder Vermögen verfügen, kann es einen finanziellen Ausgleich von seinen Geschwistern verlangen.
Selbstbehalt bei Elternunterhalt: Definition und Berechnung
Liegen die Voraussetzung für Elternunterhalt vor, wendet sich der Sozialhilfeträger zunächst an die Kinder, um deren Leistungsfähigkeit zu prüfen. Ist diese gegeben, müssen Kinder jedoch nicht unbegrenzt zahlen. Unterhaltspflichtigen Kindern steht ein Selbstbehalt zu. Die Höhe des Selbstbehalts ergibt sich aus der Düsseldorfer Tabelle. Als Grundlage wird das sogenannte bereinigte Nettoeinkommen berechnet. Dieses ergibt sich aus allen Einkünften des Unterhaltspflichtigen abzüglich:
- Kosten der Krankenvorsorge, auch private Zusatzversorgung
- berufsbedingten Aufwendungen
- Darlehensverbindlichkeiten
- Rundfunkgebühren
- Beiträgen zur Hausrat- und Haftpflichtversicherung
- Unterhaltszahlungen an die eigenen Kinder
Von diesem bereinigten Nettoeinkommen ist der Selbstbehalt abzuziehen. Er beträgt seit Januar 2023 2000 Euro und für den Ehepartner 1.600 Euro. Der Familienselbstbehalt liegt bei 3.600 Euro.
Beispielrechnung Elternunterhalt:
Monatliches Einkommen des Unterhaltspflichtigen: 3.000 Euro
Abzugsfähige Kosten: 800 Euro
Selbstbehalt: 2.000 Euro
Überschüssiges Einkommen: 400 Euro
Elternunterhalt (½ des überschüssigen Einkommens): 100 Euro
Schonvermögen: Elternunterhalt und seine Grenzen
Per Gesetz kann der Staat von Kindern verlangen, dass diese ihre Eltern aus vorhandenen Vermögenswerten unterstützen. Dies gilt allerdings erst ab einer gewissen Grenze – das sogenannte Schonvermögen bleibt unangetastet. Welche Vermögensgegenstände ins Schonvermögen fallen, hängt vom Einzelfall ab.
Selbstgenutzte Immobilie
Selbstgenutzte Immobilien genießen beim Schonvermögen einen besonderen Schutz. Dies hat der Bundesgerichtshof in einem Urteil vom 07.08.2013 (Az.: XII ZB 269/12) entschieden. Demnach zählt das Vermögen von selbstgenutztem Wohnraum zum Schonvermögen, wenn der Wohnraum den Verhältnissen entsprechend angemessen dimensioniert ist. Wird jedoch festgestellt, dass die Immobilie unangemessen – beispielsweise zu groß – ist, können Kinder zur Vermietung oder zum Verkauf verpflichtet werden.
Eingesparte Mietkosten
Unterhaltspflichtige, die ein eigenes Haus oder eine Wohnung selbst bewohnen, müssen die eingesparten Mietkosten nach einem Urteil des Bundesgerichtshofs (Az.: XII ZR 17/11) auf ihr Einkommen anrechnen, das für die Ermittlung des Elternunterhalts herangezogen wird.
Rücklagen für Sanierungen oder Renovierungen
Rücklagen für Renovierungen oder Sanierungen einer selbstbewohnten Immobilie zählen zum Schonvermögen, sofern die Höhe der Rücklagen in Bezug auf die aktuellen Lebensverhältnisse als sinnvoll erscheinen. Ab welcher Höhe die Rücklagen tatsächlich zum Schonvermögen zählen, hängt also vom Einzelfall ab.
Elternunterhalt: Eigene Altersvorsorge ist geschützt
Vermögensgegenstände, die der Altersvorsorge dienen, zählen ebenfalls zum Schonvermögen. Voraussetzung: Ihre Summe beträgt weniger als fünf Prozent des jährlichen Bruttoeinkommens des Unterhaltspflichtigen. Darüber hinaus dürfen Vermögensgegenstände zur Altersvorsorge nach einem Urteil des Bundesgerichtshofs (Az.: XII ZB 269/12) jährlich pauschal mit vier Prozent verzinst werden. Typische Anlageformen zur Altersvorsorge sind:
- Lebensversicherungen
- Wertpapiere
- Riester-Renten
- Mieteinkünfte
- Sparbücher
Beispieltabelle für Freibeiträge
Jahresbruttoeinkommen | 5 Prozent | Berufsjahre | Verzinsung | Freibetrag |
20.000 Euro | 1.000 Euro | 20 | 4 Prozent | 36.000 Euro |
40.000 Euro | 2.000 Euro | 20 | 4 Prozent | 72.000 Euro |
60.000 Euro | 3.000 Euro | 20 | 4 Prozent | 108.000 Euro |
Unterhalt an Eltern: Wird das Vermögen der Eltern berücksichtigt?
Ja. Eltern müssen zunächst sämtliche Einkünfte aus gesetzlicher und privater Rente, der Pflegeversicherung und ihr Vermögen ausgeben, bevor Kinder zur Zahlung von Elternunterhalt verpflichtet werden können. Ein entsprechendes Urteil hat der Bundesgerichtshof gefällt (Az.: XII ZR 224/00).
Allerdings steht Eltern gem. § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII i.V.m. § 1 Barbetragsverordnung ein Schonbetrag als Vermögensreserve in Höhe von 10.000 Euro zu. Verheiratete Paar haben Anspruch auf einen Schonbetrag von 20.000 Euro
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